Bewegungseinschränkungen: Wann ist man eigentlich fahruntauglich?

Ein Team aus der Orthopädie und Unfallchirurgie an der Uniklinik Düsseldorf untersucht im Fahrsimulator die Auswirkungen von Ausfallerscheinungen im Bewegungsapparat.

Mit einem Fahrsimulator und einem damit verbundenen System zur Bewegungserfassung (motion capturing) ergründet ein Ärzteteam der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am Universitätsklinikum Düsseldorf (UKD), wie sich krankheitsbedingte Bewegungseinschränkungen auf die Fahrtauglichkeit auswirken.

Erste Erkenntnisse konnten bereits im Laufe der vergangenen Jahre gewonnen werden – allerdings in Fahrzeugen auf einem Verkehrsübungsplatz.

Hier stand die Untersuchung der Funktionalität von einzelnen Gelenken im Vordergrund.

Der Fahrsimulator in der Uniklinik garantiert nun gleichbleibende Verhältnisse und erleichtert mit Hilfe des Motion-Capturing-Systems feinere Messungen von Bewegungsabläufen der Probandinnen und Probanden.

Jetzt stehen kinematische Ketten im Fokus, also das Zusammenspiel verschiedener Gelenke und Muskelgruppen.

Einen großen Anteil der Finanzierung trägt die ADAC-Stiftung.

Das Team am UKD konzentriert sich im Wesentlichen auf die beiden Aspekte Kraft und Bewegungsumfang.

„Die Auswirkungen der Volkskrankheit Bandscheibenvorfall wird vornehmlich vom Team untersucht, das sich mit dem Thema ´Kraft´ beschäftigt“, sagt PD Dr. David Latz, Oberarzt der Klinik.

Dieser kann sich je nach Höhe des Bandscheibenvorfalls an den unteren Extremitäten auf die großen Muskelgruppen auswirken, also zum Beispiel beim Beugen und Strecken des Kniegelenks, als auch auf kleinere Muskelgruppen, zum Beispiel rund um das Sprunggelenk.

Beanspruchung unterschiedlicher Muskelgruppen

Große und kleine Muskelgruppen werden beim Fahren eines Autos je nach Situation verschieden beansprucht. Muss bei einer Notbremsung kraftvoll agiert werden, leisten die großen Strukturen die Hauptarbeit. Ist im Stop-and-Go-Verkehr häufiges leichtes Bremsen und Gas geben gefragt, spielen die kleineren Strukturen eine Hauptrolle.

„Wir möchten mit unseren Untersuchungen Anhaltspunkte geben, ab welcher Einschränkung eine Fahrtauglichkeit nicht mehr gegeben ist“, sagt Dr. Latz.

Das wird am Ende direkt für Autofahrerinnen und -fahrer von großem Interesse sein. Denn jeder muss für sich beantworten, ob er in der Lage ist, ein Fahrzeug sicher zu bedienen.

Entgegen der weit verbreiteten Meinung, sind es nicht die behandelnden Ärzte, die diese Entscheidung treffen.

Das Team „Bewegungsumfang“ beschäftigt sich im Rahmen des Forschungsprojekts schwerpunktmäßig mit dem Zusammenwirken verschiedener Gelenke (kinematische Ketten).

„Der häufigste Knochenbruch, den wir sehen, ist der körperferne Speichenbruch“, so Dr. Latz. „Diese Verletzung kann in der Folge zu ganz unterschiedlichen Ausfallerscheinungen führen – das Spektrum reicht von einer vollständigen Einschränkung der Bewegungsfähigkeit am Handgelenk bis hin zum völligen Funktionserhalt.“  

Das Team aus der Orthopädie und Unfallchirurgie untersucht nun, welche Einschränkungen beim Fahren durch Nachbargelenke in Ellenbogen und Schulter kompensiert werden können.

„Nach unseren bisherigen Beobachtungen ist an ein sicheres Autofahren überhaupt nicht mehr zu denken, wenn neben dem Handgelenk ein weiteres Gelenk am gleichen Arm eingeschränkt beweglich ist“, sagt Dr. Latz.

Die Untersuchungen erfolgen an gesunden Probandinnen und Probanden, deren Beweglichkeit mit Hilfe von eigens für die Studie entwickelten Orthesen eingeschränkt wird.

Im Fahrsimulator erfasst das Team der Uniklinik dann die Bewegungsabläufe mit Hilfe von Sensoren, die schließlich digitalisiert und am Computer ausgewertet werden können.

 „Ein Motion-Capturing-System war bis jetzt an keiner vergleichbaren Studie beteiligt“, so Dr. Latz. „Der Reiz ist, dass wir genau sehen können, was biomechanisch passiert.“

Das Deuten der Ergebnisse wird eine besondere Herausforderung sein.

„Wir messen die Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine“, sagt der Oberarzt. Das Problem: Die Gegebenheiten in Kraftfahrzeugen sind höchst unterschiedlich. „Allein mit der Differenzierung zwischen Automatikgetriebe und Handschaltung haben wir ganz unterschiedliche Voraussetzungen.“

Quelle:
Universitätsklinikum Düsseldorf - Mitteilung vom  21. August 2023