Bei unkomplizierter Blasenentzündung Senföle aus Kapuzinerkresse und Meerrettich vor Antibiotika einsetzen

Blasenentzündungen zählen zu den häufigsten Gründen für einen Arztbesuch[1] und sind für einen hohen Anteil der Antibiotikaverordnungen verantwortlich[2].

Wegen der zunehmenden Antibiotikaresistenzen und um unnötige Therapien zu vermeiden, sollte laut Behandlungsleitlinie für Ärzte der Einsatz von
Antibiotika bei unkomplizierten Blasenentzündungen kritisch abgewogen werden und alternative Behandlungsansätze zum Einsatz kommen.

„So lassen sich auch Nebenwirkungen wie Durchfall oder Pilzinfektionen der Scheide vermeiden“, erklärt der Urologe PD Dr. Winfried Vahlensieck, Bad Nauheim.

Bakterien können auch durch pflanzliche Wirkstoffe wie z. B. Senföle aus Kapuzinerkresse und Meerrettich (in ANGOCIN® Anti-Infekt N) bekämpft werden.

„Durch den Einsatz dieser antibakteriell wirkenden Senfölkombination können krankheitsauslösende Bakterien und Beschwerden der Blasenentzündung effektiv reduziert und Rückfällen und Resistenzen entgegengewirkt werden“, so der Urologe.

Um das Risiko einer Nierenbeckenentzündung gering zu halten, solle bei der Wahl des Arzneimittels die antibakterielle Wirkung im Vordergrund stehen und nicht nur schmerzstillende oder durchspülende Effekte.

Im Interview beantwortet Vahlensieck häufige Fragen rund um das Thema Blasenentzündung.

Was sind die Herausforderungen bei der Behandlung von Blasenentzündungen?

„Die besorgniserregende zunehmende Entwicklung von Antibiotikaresistenzen führt immer häufiger dazu, dass die Antibiotikatherapie an ihre Grenzen stößt, Behandlungen versagen und so Krankheitsverläufe langwieriger und möglicherweise bedrohlicher werden.

Weltweit starben 2019 1,27 Millionen Menschen durch Infektionen mit multiresistenten Erregern. Als weitere Kollateralschäden kann es zu Verschiebungen des Mikrobioms in beispielsweise Darm, Harnblase oder Scheide kommen und dadurch das Auftreten verschiedener Erkrankungen wie Allergien, chronischer Entzündungen oder Diabetes begünstigt werden.“

Wie schätzen Sie vor diesem Hintergrund das Potential pflanzlicher Therapieansätze, wie zum Beispiel der Senföle aus Kapuzinerkresse und Meerrettich ein?

„Senföle aus Kapuzinerkresse und Meerrettich wirken entzündungshemmend[3-5] sowie antibakteriell[6,7] und stellen daher bei einfachen Harnwegsinfektionen eine sinnvolle Behandlungsoption dar.

Sie verhindern außerdem eine Anheftung der Erreger an die Zellen der Blasenwand und hemmen die Bildung von sogenannten Biofilmen – das sind spezielle Schleimschichten, in welchen sich bakterielle Lebensgemeinschaften einnisten und dort vor Antibiotika geschützt sind[8-11].

Damit blockieren die Senföle einen bakteriellen Mechanismus, der direkt für häufig wiederkehrende Infektionen und Resistenzentwicklungen verantwortlich gemacht werden kann.“

Wie kann es sein, dass bei manchen Patienten die Beschwerden trotz Antibiotika-Einnahme nicht besser werden?

„Das könnte daran liegen, dass die Bakterien gegen das verwendete Antibiotikum resistent sind. Resistente Bakterien können zum Beispiel dadurch entstehen, dass eine Antibiotikatherapie zu früh beendet wird, zu niedrig dosiert ist oder die Einnahme unregelmäßig erfolgt. Dann überleben einige Bakterien, bilden eine Resistenz gegen den Wirkstoff und sind danach nicht mehr empfindlich gegenüber diesem Medikament.

Diese Eigenschaft geben sie dann auch an die nachfolgenden Generationen weiter.

Wenn das Antibiotikum nicht wirkt, kann eine Laboruntersuchung des Urins zeigen, welche Bakterien genau vorliegen und gegen welches Antibiotikum diese empfindlich sind.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass bei pflanzlichen Arzneimitteln in der Praxis bisher keine Resistenzen bekannt sind. Das könnte unter anderem daran liegen, dass die vielfältigen Wirkansätze (Multi-Target-Effekt) der Pflanzenstoffe bei den Bakterien die Entwicklung möglicher Resistenzmechanismen erschweren.“

Warum bekomme ich immer wieder Blasenentzündungen? Wie kann ich diesen Kreislauf durchbrechen?

„Manche Bakterien können spezielle Schleimschichten, sogenannte Biofilme, ausbilden oder die Erreger dringen in die Zellen der Blaseninnwand ein. In beiden Fällen sind die Bakterien dann vor Antibiotika oder auch unserem Immunsystem geschützt und können zu einem späteren Zeitpunkt eine erneute Infektion auslösen. Diesen Kreislauf können pflanzliche Arzneimittel mit antibakterieller Wirkung wie z. B. die Senföle aus Kapuzinerkresse und Meerrettich unterbrechen.

Sie hemmen die Biofilm-Bildung und auch das Anheften der Erreger an die Blaseninnenwand und können so dazu beitragen, das Risiko für das Auftreten wiederkehrender Blasenentzündungen zu verringern.“

Tipps zur Vermeidung von Blasenentzündungen

• Gehen Sie unmittelbar nach dem Geschlechtsverkehr zur Toilette, das spült die Harnröhre und entfernt übertragene Bakterien.

• Achten Sie auf Ihre Intimhygiene: Führen Sie das Toilettenpapier immer von der Öffnung der Harnröhre in Richtung After. So werden keine Darmbakterien zur Harnröhre verschleppt.

• Waschen Sie sich nur mit lauwarmem Wasser oder milden Seifen, um den Säureschutzmantel der Haut zu schonen.

• Wechseln Sie während Ihrer Monatsblutung häufig Tampons und Binden. Hier können sich Bakterien ansammeln und gut vermehren.

• Stärken Sie allgemein Ihre Abwehrkräfte.

• Vermeiden Sie eine Unterkühlung des Unterleibs.

• Trainieren Sie Ihre Beckenbodenmuskulatur für eine starke Blase.

Gut zu wissen:
ANGOCIN® Anti-Infekt N
Anwendungsgebiete: Zur Besserung der Beschwerden bei akuten entzündlichen Erkrankungen der Bronchien, Nebenhöhlen und ableitenden Harnwege.

Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.  Stand 02/20.

Literatur:
1. S3-Leitlinie unkomplizierte Harnwegsinfektion – Update 2017 [Interdisziplinäre S3-Leitlinie „Epidemiologie, Diagnostik, Therapie, Prävention und Management unkomplizierter, bakterieller, ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patienten“, AWMF-Register-Nr.043/044]

2. Wagenlehner FME et al. Harnwegsinfektionen. Akt Urol 45: 135–46 (2014)

3. Herz C. et al. Benzyl isothiocyanate but not benzyl nitrile from Brassicales plants dually blocks the CX and LOX pathway in primary human immune cells. J Funct Foods 23: 135-143 (2016)

4. Herz C. et al. Evaluation of an aqueous extract from horseradish root (Armoracia rusticana radix) against lipopolysaccharide-induced cellular inflammation reaction. Evid Based Complement Alternat Med 2017:1950692 (2017)

5. Tran H.T.T. et al. Nasturtium (Indian cress, Tropaeolum majus nanum) dually blocks the COX an OX pathway in primary human immune cells. Phytomedicine 23(6): 611-620 (2016)

6. Conrad A. et al. Broad spectrum antibacterial activity of a mixture of isothiocyanates from nasturtium (Tropaeoli majoris herba) and horseradish (Armoraciae rusticanae radix). Drug Res 63(2): 65–68 (2013)

7. Romeo I. et al. An overview of their antimicrobial activity against human infections. Molecules 23(3): 624 (2017)

8. Marcon J. et al. In vitro efficacy of phytotherapeutics suggested for prevention and therapy of urinary tract infections. Infection 47 (6): 937–944 (2019)

9. Kaiser SJ. et al. Natural isothiocyanates express antimicrobial activity against developing and mature biofilms of Pseudomonas aeruginosa. Fitoterapia 119: 57-63 (2017)

10. Borges A. et al. Evaluation of the effects of selected phytochemicals on quorum sensing inhibition and in vitro cytotoxicity. Biofouling 30(2): 183-195 (2014)

11. Borges A. et al. Activity of allylisothiocyanate and 2-phenylethylisothiocyanate on motility and biofilm prevention of pathogenic bacteria. Worldwide Research Efforts in the Fighting against Microbial Pathogens: From Basic Research to Technological Developments; A. Mendez-Vilas; BrownWalker Press: Boca Raton, FL, USA; pp. 8-12 (2013)