Immer wieder, wieder und wieder
Ab wann erfordern Zwänge professionelle Hilfe?
Beinahe jeder Mensch unterliegt rational nicht erklärbaren Verhaltensweisen: auf dem Gehweg nicht die Fugen betreten, Stifte stets nach ihrer Farbe sortieren oder jeden Morgen nur aus einer ganz bestimmten Tasse trinken.
Routinen wie diese folgen keiner nachvollziehbaren Logik, gleichzeitig fällt es vielen Menschen schwer, damit aufzuhören.
In den meisten Fällen sprechen Experten dennoch nicht von einer Zwangsstörung.
„Eine ernsthafte Erkrankung äußert sich mitunter dadurch, dass sich Betroffene in ihrem Alltag deutlich beeinträchtigt fühlen. Nach Schätzungen erkranken bis zu 3 von 100 Menschen im Laufe ihres Lebens an einer Zwangsstörung. Mithilfe einer Psychotherapie lassen sich die Symptome häufig so weit in den Griff bekommen, dass Erkrankte wieder ein normales Leben führen können“, erklärt Dr. med. Steffen Häfner, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie und ärztlicher Direktor der Klinik am schönen Moos.
Belastende Gedanken
Kaum ist die Haustür ins Schloss gefallen, beginnt es im Kopf zu rattern:
- „Ist die Herdplatte wirklich ausgeschaltet?
- Was passiert, wenn ich es vergessen habe?“
Bei einigen Menschen sind diese Ängste so stark, dass selbst ein prüfender Blick nur für kurze Zeit beruhigt.
Wer unter einer Zwangsstörung leidet, muss sich deshalb unzählige Male rückversichern.
Neben den wiederkehrenden Handlungen spielen bei der Krankheit insbesondere auch Zwangsgedanken, die als extrem unangenehm und aufdringlich empfunden werden, eine zentrale Rolle.
Dazu zählt beispielsweise die Befürchtung, fahrlässig einen großen Fehler zu begehen oder – wie in diesem Fall – womöglich einen Hausbrand zu verursachen.
„Viele Betroffene wissen, dass ihre Reaktion rational nicht nachvollziehbar ist. Gleichzeitig lassen sich ihre Handlungen aber kaum unterbinden. Darum empfinden Erkrankte häufig einen erheblichen Leidensdruck und große Scham. Hinzu kommt, dass die wiederkehrende Ausübung der Zwänge sehr viel Lebenszeit beanspruchen kann“, weiß Dr. Häfner.
Hilfe für Betroffene
Jeden Menschen beschäftigen unterschiedliche Ängste, Befürchtungen und Unsicherheiten. Damit sind auch die Symptome einer Erkrankung sehr individuell. Dennoch existieren einige Ausprägungen, die als besonders typisch gelten.
Neben dem bereits beschriebenen Kontrollzwang zählen dazu Wasch-, Ordnungs- oder Zählzwänge. Eine Erkrankung entwickelt sich oft schleichend.
Auch wenn sich Symptome häufig schon bei Kindern und bei jungen Erwachsenen zeigen, können sie grundsätzlich in jedem Alter auftreten. Gründe dafür stellen unter anderem familiäre Veranlagung, psychische Faktoren oder äußere Einflüsse dar.
Zudem beschreiben viele Betroffene ein großes Verantwortungsbewusstsein sowie eine geringe persönliche Fehlertoleranz.
Dr. Häfner erklärt: „Routinen nützen Menschen, weil sie Sicherheit geben. Wenn allerdings zwanghafte Handlungen beginnen, das Leben zu kontrollieren, sollte professionelle Hilfe zurate gezogen werden. Bei Symptomen, die länger als zwei Wochen andauern, empfiehlt es sich, erste Maßnahmen zu ergreifen. Eine Verhaltenstherapie stellt eine gute Möglichkeit dar, um einer Zwangserkrankung zu begegnen und die Lebensqualität wieder zu steigern.“
Weitere Informationen unter www.klinik-a-s-moos.de