Ein neues Leben ohne Kunstherz
Der 28-jährige Mikel Slawinski lebte über vier Jahre mit einem Herzunterstützungssystem, war zudem für eine Herztransplantation gelistet. Jetzt hat sich sein Herz erholt.
„Wenn ich jetzt morgens aufwache, ist das jedes Mal wie ein Traum für mich“, sagt Mikel Slawinski.
Es ist Mitte März – und seine Augen schlägt der 28-Jährige täglich auf einer Normalstation der Uniklinik Düsseldorf auf. An diesem frühen Nachmittag macht er einen kleinen Spaziergang mit seinem Rollator, um sich auf dem Gang mit seinen behandelnden Ärzten PD Dr. Hug Aubin (Herzchirurgie) und Dr. Daniel Scheiber (Kardiologie) auszutauschen. Vier Jahre lang hing das Leben von Mikel Slawinski von einem implantierten Kunstherz ab. Vor ein paar Tagen konnte es im Rahmen einer komplexen Operation entfernt werden.
September 2018: Mikel Slawinski klagte während seiner Arbeit über Schmerzen in der Wade, ein ausgeprägtes Unwohlsein und Übelkeit. Ein Kollege riet ihm, ins nächste Krankenhaus zu fahren. Das war sein Glück. Neben einer Thrombose im Bein, die zu einem akuten Verschluss einer Lungenarterie führte, entdeckten die Ärztinnen und Ärzte eine krankhafte Vergrößerung des Herzmuskels mit stark reduzierter Pumpfunktion als Folge einer hochgradigen Undichtigkeit der Aortenklappe des Herzens. Nach einer Notfallversorgung wurde der 24-Jährige aufgrund der Komplexität seiner Erkrankung in die Uniklinik Düsseldorf verlegt.
Im Oktober 2018 ersetzte ein Team der Herzchirurgie der Uniklinik im Rahmen einer Operation die Aortenklappe und implantierte zudem ein „linksventrikuläres Unterstützungssystem“ (LVAD), um die Pumpfunktion des Herzens zu stabilisieren. Da von einer Besserung seiner Herzfunktion zunächst nicht auszugehen war, wurde Mikel Slawinski auf die Warteliste für eine Herztransplantation gesetzt. In Fällen wie diesem dienen die Kunstherzen dazu, die Zeit zu überbrücken bis ein passendes Spenderorgan gefunden ist.
Erster Hoffnungsschimmer nach zwei Jahren mit Kunstherz
Im weiteren Verlauf kümmerten sich Herzchirurgen und die Kardiologen der Uniklinik um die Nachsorge. Dass sich das Blatt für Mikel Slawinski zum Besseren wenden könnte, zeigte sich dem behandelnden Team erstmals zwei Jahre später. „Die linke Herzkammer hatte sich verkleinert und die Pumpfunktion verbesserte sich“, so Dr. Daniel Scheiber, stellvertretender Leiter des Transplantationsprogramms auf Seiten der Klinik für Kardiologie. „Die Herzfunktion begann sich unter der Entlastung durch das LVAD und einer optimalen medikamentösen Herzschwächetherapie zu erholen.“
Wieder ein Jahr später begann man mit ersten Überlegungen, ob das Kunstherz entfernt werden kann. „Eine solche Entscheidung muss mit großer Sorgfalt nach umfangreichen Voruntersuchungen getroffen werden“, sagt PD Dr. Hug Aubin, Leiter des Programms Mechanische Kreislaufunterstützung in der Klinik für Herzchirurgie am UKD. „Zur genauen Abschätzung der Herzleistung wurden spezielle Belastungsuntersuchungen unter reduzierter LVAD-Unterstützung durchgeführt.“ Er verweist auf die große Verantwortung der Herzspezialisten: „Eine genaue Einschätzung der Herzfunktion ist von hoher Bedeutung, um den Patienten durch die Entfernung des Unterstützungssystems nicht zu gefährden.“
Vor einer Explantation des Kunstherzens lag eine Aufgabe vor Mikel Slawinski. Seine eingeschränkte Mobilität und die lange Phase der Corona-Pandemie hatte dazu geführt, dass er an die 130 Kilogramm auf die Waage brachte.
Um das Risiko eines erneuten Eingriffs zu senken, war Abnehmen angesagt. Nach der Teilnahme an einer Sportstudie für LVAD-Patientinnen und -Patienten im Jahr 2019, an der sich die Kliniken für Kardiologie und Herzchirurgie beteiligten, kannte er seinen täglichen Kalorienverbrauch.
„Den habe ich mir gemerkt und 500 Kalorien abgezogen“, so der 28-Jährige. Diese Taktik führte zum Erfolg. Im Februar 2023 wog Mikel Slawinski nur noch rund 105 Kilogramm. „Ich hatte die gesamte Zeit über großen Rückhalt aus meinem Umfeld. Meine Freunde und meine Familie haben mir sehr gut durch die schlechten Phasen geholfen.“ Eine große Rolle spielte ein befreundeter Arzt, der stets mit medizinischem Sachverstand und als emotionale Stütze verfügbar war.
Ein Bad als Nahziel
Am 10. März dieses Jahres konnte das System zur Herzunterstützung schließlich im Rahmen einer mehrstündigen Operation entfernt werden, auch für Herzspezialisten ein eher seltenes Ereignis. „Nur drei bis fünf Prozent aller Kunstherzen werden wieder explantiert“, so PD Dr. Aubin. „Ich bin froh, dass das Ding jetzt weg ist“, freut sich Mikel Slawinski. Eines der ersten Dinge, die er zuerst machen möchte, wenn die OP-Narbe verheilt ist, ist baden. Das ging aufgrund der externen Batterie nicht, die das Kunstherz über in den Körper führende Kabel versorgt hat.
„In der Rehabilitation soll ich jetzt wieder alltagstauglich gemacht werden“, sagt Mikel Slawinski. Es liegt aber noch einiges an Arbeit vor ihm. Er ist noch kurzatmig, macht täglich Spaziergänge, um wieder auf die Beine zu kommen. „Ich weiß, dass ich jetzt von Schritt zu Schritt denken muss. Aber wenn ich in den vergangenen Jahren eines gelernt habe, dann ist das Geduld.“
Zum Universitätsklinikum Düsseldorf:
Das Universitätsklinikum Düsseldorf (UKD) ist das größte Krankenhaus in der Landeshauptstadt und eines der wichtigsten medizinischen Zentren in NRW. Die 9.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in UKD und Tochterfirmen setzen sich dafür ein, dass jährlich über 50.000 Patientinnen und Patienten stationär behandelt und 300.000 ambulant versorgt werden können.
Das UKD steht für internationale Spitzenleistungen in Krankenversorgung, Forschung und Lehre, sowie für innovative und sichere Diagnostik, Therapie und Prävention. Patientinnen und Patienten profitieren von der intensiven interdisziplinären Zusammenarbeit der 60 Kliniken und Institute. Die besondere Stärke der Uniklinik ist die enge Verzahnung von Klinik und Forschung zur sicheren Anwendung neuer Methoden.