Knochenbrüche im Alter: Fitness, gutes Sehen und Hören um Stürze zu vermeiden

Internationaler Tag der älteren Generation am 1. Oktober

Orthopäden und Unfallchirurgen empfehlen älteren Menschen neben Bewegung und Krafttraining auch die regelmäßige Prüfung von Sehstärke und Hörvermögen. Dadurch lassen sich Stürze vermeiden, die schnell zu Knochenbrüchen führen können.

Denn Probleme beim Sehen, Hören oder dem Gleichgewichtsorgan können die Balance empfindlich beeinträchtigen.

„Viele Stürze lassen sich vermeiden, wenn Seniorinnen und Senioren Koordination und Balance trainieren und dafür sorgen, dass sie gut sehen und hören können“, sagt Prof. Dr. Benedikt Friemert, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) anlässlich des Tags der älteren Generation am 1. Oktober.

Orthopäden und Unfallchirurgen geben Tipps zum Vermeiden von Stürzen und Knochenbrüchen:

  • regelmäßiger Seh- und Hörtest

  • Überprüfung der Hilfsmittel: regelmäßig Hörhilfen anpassen

  • Anpassung der Brille: falsche Brillenglasstärken vom Optiker korrigieren, verbogene Brillen reparieren oder ersetzen

  • Lichtverhältnisse in den Wohnräumen prüfen auf ausreichende Helligkeit, Lichtschalter gut erreichbar anbringen

  • blendendes, Schatten werfendes Licht in Gefahrenzonen wie Treppenhäusern vermeiden

  • bei Schwindelgefühlen nicht auf Leitern steigen und Tätigkeiten wie Fensterputzen vermeiden

  • raining von Kraft, Koordination und Balance

In Deutschland werden pro Jahr mehr als 400.000 Altersbrüche behandelt.

Die meisten Knochenbrüche von älteren Menschen entstehen durch einen Sturz. Die Hüftfraktur, auch Oberschenkelhalsbruch genannt, ist die mit Abstand am häufigsten im Krankenhaus behandelte Fraktur. Die Sterblichkeit nach diesem Knochenbruch ist erheblich, viele Patienten verlieren ihre Selbstständigkeit und müssen in eine Pflegeeinrichtung ziehen.

Bereits ab dem 50. Lebensjahr nehmen die Balance-Fähigkeit, Ausdauer, Muskelkraft und Beweglichkeit ab. Dadurch steigt mit zunehmendem Alter das Risiko zu stürzen und sich dabei zu verletzen.

Einschränkungen des Seh- und Hörvermögens oder Medikamente, die die Reaktionsfähigkeit einschränken, erhöhen das Sturzrisiko zusätzlich. Ungefähr ein Drittel der Menschen über 65 Jahre stürzt mindestens einmal pro Jahr, bei den über 80-Jährigen sogar fast jeder Zweite.

„Das Risiko hinzufallen und sich dabei zu verletzten kann mit einfachen Maßnahmen vermindert werden. Häufig nicht gleich im Fokus stehen Probleme mit den Augen und Ohren. Doch Störungen der Seh-, Gehör- und Gleichgewichtsorgane können die Balance beeinträchtigen und damit das sichere Gehen verhindern“, sagt Prof. Dr. Ulrich Liener, stellvertretender Leiter der Sektion Alterstraumatologie der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU).

Gerade ältere Menschen leiden oft unter einer Sehschwäche wie der Altersweitsichtigkeit und dem grauen oder grünen Star. Da man viele dieser Krankheiten behandeln oder korrigieren kann, ist hier Vorsorge bei einem Augenarzt besonders wichtig.

Für Probleme mit der Brille ist der Optiker der richtige Ansprechpartner. Manche bieten auch Hausbesuche an, um Seh- und Brillenstärke zu überprüfen oder bei der Wahl der Brille zu beraten.

Zum Beispiel können Gleitsichtbrillen Gegenstände oder Oberflächen näher erscheinen lassen, als sie es tatsächlich sind. Als Folge werden Entfernungen falsch eingeschätzt oder das Gleichgewicht ist gestört. Dies kann gerade bei klassischen Stolperfallen wie Teppichkanten, Stromkabeln, herumstehenden Gegenständen oder auch Treppen gefährlich werden.

Es ist deshalb ratsam, regelmäßig zu überprüfen, wann der letzte Sehtest war, ob die Brillenstärke noch ausreichend und die eigene Brille noch die richtige ist.

Ab einem Alter von 65 Jahren empfiehlt sich diese Überprüfung einmal im Jahr.

Auch Probleme mit dem Hören und Schwindel können die Sturzgefahr erhöhen. Viele Menschen warten sehr lange, bevor sie ihre Hörprobleme und Schwindel bei ihrem Hausarzt ansprechen.

Dabei werden Hörverluste und Störungen des Gleichgewichtsorgans im Innenohr mit zunehmendem Alter immer häufiger. Bei Problemen damit kann der Hausarzt zu einem Hörtest oder einer weiteren fachärztlichen Untersuchung überweisen. Auch der Hörtest sollte einmal im Jahr stattfinden.

Körperliche Fitness ist einer der wesentlichsten Einflussfaktoren. Dafür ist die Kräftigung der Muskeln wichtig, aber auch Ausdauertrainings und Koordinationsübungen, um das Gleichgewicht besser halten zu können.

Besonders wirksam für die Sturzprophylaxe ist ein spezielles Balance- und Krafttraining für die Beinmuskulatur. Viele Vereine bieten hier entsprechende Seniorenprogramme an und zahlreiche Krankenkassen unterstützen Senioren bei der Übernahme anfallender Kosten.

Sollte es dennoch zu einem schweren Unfall wie einem Oberschenkelhalsbruch kommen, empfiehlt sich die Behandlung in einem der mehr als 100 Alterstraumazentren. Hier liegt die Besonderheit darin, dass Unfallchirurgen und Altersmediziner in einem multiprofessionellen Team eng zusammenarbeiten.

Das Weißbuch Alterstraumatologie und Orthogeriatrie zeigt: Während üblicherweise bei älteren Patienten die 30-Tage-Sterblichkeit nach einer Hüftfraktur bei über 10 Prozent liegt, sinkt diese durch die Behandlung in multiprofessionellen Teams um mehr als 20 Prozent.

Genauso wichtig wie die richtige Akutbehandlung im Krankenhaus ist auch die Therapie nach einer Operation, denn die Gefahr einer erneuten Fraktur ist nach Entlassung deutlich erhöht.

Daher empfehlen Orthopäden und Unfallchirurgen im Anschluss eine Sekundärprävention. Regelmäßige Checkups und strukturierte Bewegungsprogramme helfen, die Balance und die Kraft zu verbessern und damit Stürze und Knochenbrüche zu reduzieren.

Das 2021 erschienene Weißbuch Alterstraumatologie und Orthogeriatrie zeigt den Weg auf zu einer besseren medizinischen Behandlung des Bewegungsapparates bei älteren Menschen. Es definiert Strukturen und Prozesse bei der Versorgung von Altersbrüchen und erstmals auch für planbare Eingriffe – wie das Einsetzen von künstlichen Hüftgelenken.

„In Zukunft werden wir immer mehr ältere Menschen haben, deshalb brauchen wir neue Konzepte der orthopädisch-unfallchirurgischen Behandlung, Rehabilitation und Prävention“, sagt DGOU-Vizepräsident Prof. Dr. Dieter C. Wirtz; er ist Mitherausgeber des Weißbuchs. Der Leitfaden wurde von der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) und der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) erstellt.

Quelle:
Mitteilung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie vom 28. September 2022

Weitere Informationen erhalten Sie direkt unter : www.dgou.de

Quellen:
Weißbuch Alterstraumatologie und Orthogeriatrie
Gleichgewicht und Kraft – Einführung in die Sturzprävention der BZGA 2015