Machen uns soziale Netzwerke krank?
Gefahren für die psychische Gesundheit
Über soziale Medien lassen sich Kontakte knüpfen, Informationen austauschen und Meinungen teilen. Sie sind daher für viele Menschen sowohl beruflich als auch privat sehr reizvoll
Doch jede Medaille hat zwei Seiten.
„Inzwischen zeigt sich immer öfter, dass soziale Netzwerke sich negativ auf die Psyche auswirken. So erhöhen sie bei einigen Personen das Risiko, an Depressionen, Süchten, Angst- und Essstörungen zu erkranken“, warnt Klaus-Dirk Kampz, Geschäftsführer der My Way Psychiatrische Klinik in Eckenhagen.
Streben nach Aufmerksamkeit
Social Media bieten die Möglichkeit, sich selbst zu präsentieren und dadurch gutes Feedback zu bekommen. Anerkennung in Form von Likes aktiviert das Belohnungszentrum im Gehirn und weckt so positive Gefühle.
Bei manchen Menschen entsteht allerdings eine Sucht: Für erfreuliche Reaktionen verbringen sie immer mehr Zeit damit, ihren Online-Auftritt zu optimieren. Dabei vernachlässigen einige Betroffene ihre echten sozialen Kontakte und Aufgaben des realen Lebens.
„Süchtige entwickeln eine Toleranz und müssen deshalb online immer mehr konsumieren und posten, um positive Effekte zu verspüren. Kommen sie dem Bedürfnis nicht nach, treten Entzugserscheinungen wie Gereiztheit und mangelnde Konzentration auf“, erklärt Kampz.
Neid im Überfluss
Einige Personen nutzen Social Media weniger zur Selbstdarstellung, sondern um am Leben anderer teilzuhaben. Sie sehen meist makellose Körper, luxuriöse Urlaubsorte, aufregende Hobbies und romantische Beziehungen.
Außerdem präsentieren Influencer häufig stark bearbeitete Bilder von ihrem Körper und fördern so ein unrealistisches Bild von Schönheit.
„Oft entspricht das eigene Aussehen und Leben nicht der perfekten Darstellung in sozialen Medien, sondern wirkt im Vergleich langweilig, ungenügend und einsam. Neben Neid und Niedergeschlagenheit entwickeln einige Betroffene sogar Depressionen“, weiß Kampz.
Bei dem Versuch, Ideale aus dem Internet zu erfüllen, kommt es häufig zu Essstörungen bis hin zur Magersucht.
Information Overload
Neben dem Verlangen nach Bestätigung kann durch die Nutzung sozialer Netzwerke zugleich Angst vor schlechten Reaktionen entstehen.
Ebenso kann die nahezu unlimitierte Zahl der Kommunikationsmöglichkeiten zur ernsten Belastung werden. Das trifft insbesondere zu, wenn Nutzer der Meinung sind, immer alles sehr zeitnah sichten und reagieren zu müssen, aus Angst, etwas zu verpassen oder nicht mehr dazu zu gehören.
Auch eine ständige Informationsflut beispielsweise über Pandemien oder Kriege sorgt dafür, dass Konsumenten sich in der Menge negativer Nachrichten verlieren und ihre Sorgen Überhand nehmen.
„Social Media bergen daher auch das Potenzial, Angststörungen auszulösen oder zu verstärken. Diese schwächen meist das Selbstvertrauen und beeinflussen das alltägliche Leben negativ“, erklärt Kampz. Unbehandelt führt dieses psychische Leiden oft zu sozialem Rückzug, Depressionen oder Medikamentenabhängigkeit.
Bewusster Umgang
Um mentalen Erkrankungen durch Social Media vorzubeugen, empfiehlt es sich, die Kanäle bewusst zu verwenden.
„Nutzer sollten sich stets daran erinnern, dass viele Inhalte einen Lebensausschnitt darstellen, der stark bearbeitet oder inszeniert ist. Am besten meiden sie es, Personen zu folgen, deren Inhalte negative Gefühle bei ihnen verursachen. Außerdem hilft es, Social-Media-Pausen zu machen, um Abstand zu gewinnen. Statt Likes sorgt dann beispielsweise Sport oder ein sonniger Spaziergang für die Ausschüttung von Glückshormonen. Reale Berührungen, Blickkontakt oder Umarmungen wirken sich ebenfalls positiv auf die psychische Gesundheit aus“, weiß Kampz.
Wem es sehr schwerfällt, das Handy zwischendurch wegzulegen, der kann sich eine App installieren, die ein tägliches Zeitlimit vorschreibt. „Ein dauerhafter Verzicht ist nicht zwingend nötig. Damit die Psyche letztlich nicht leidet, kommt es vor allem auf den richtigen Umgang mit sozialen Medien an“, betont Kampz abschließend.
Weitere Informationen unter www.myway-klinik.de