Autoimmunerkrankungen: Zentraler Baustein in Immunzellen entdeckt

Wenn das Immunsystem aufgrund einer Fehlsteuerung körpereigene Strukturen angreift, können Autoimmunerkrankungen ausgelöst werden.

Diese sind zwar bis heute nicht heilbar, können aber mit Hilfe therapeutischer Maßnahmen in ihrem Fortschreiten gebremst werden.

ForscherInnen am Zentrum für Physiologie und Pharmakologie der MedUni Wien haben nun einen zentralen Signalweg in Immunzellen entdeckt, der einen Beitrag zur Entwicklung eines neuen Therapieansatzes leisten kann. Ihre Studie wurde kürzlich im Journal Cell Reports veröffentlicht.

Das Immunsystem schützt den Körper vor Infektionen aller Art und ist so konzipiert, dass es  zwischen fremden Bedrohungen und körpereigenen Geweben unterscheiden kann.

Wichtige Bestandteile des Immunsystems sind die T-Zellen, die auf Kommando anderer Immunzellen, der Dendritischen Zellen, in Aktion treten.

Die Dendritischen Zellen aktivieren die T-Zellen nicht nur zum Einsatz, sie können auch Inaktivität anordnen – vor allem wenn es um körpereigene Gewebe geht, die nicht angegriffen werden sollen.

In diesem Immuntoleranz genannten Mechanismus liegt der Schlüssel bereits bestehender Therapien bei Autoimmunerkrankungen.

Mit Hilfe bestimmter pharmazeutischer Wirkstoffe (JAK-Inhibitoren) wird die Immuntoleranz der Immunzellen gefördert. Dadurch soll die Aktivität der T-Zellen gegen Körperstrukturen gehemmt werden, um ein Fortschreiten der Autoimmunerkrankung zu bremsen.

JAK-Inhibitoren werden für die Behandlung von verschiedenen Autoimmunerkrankungen wie z. B. Rheumatoide Arthritis eigesetzt.

Die Wirkung der Inhibitoren – und zwar auf alle Immunzellen gleichzeitig – wurde in mehreren Studien bewiesen.

Wie sie speziell auf Dendritische Zellen wirken und welche Rolle die Immuntoleranz insbesondere der T-Zellen (periphere T-Zell-Tolerogenese) in Zusammenhang mit Autoimmunerkrankungen spielt, hat nun ein Forschungsteam um Gernot Schabbauer und Omar Sharif vom Institut für Gefäßbiologie und Thromboseforschung am Zentrum für Physiologie und Pharmakologie der MedUni Wien erforscht.

Zielgerichtete zell-basierte Therapie

In Zusammenarbeit mit WissenschafterInnen am Christian Doppler Labor für  Argininmetabolismus in Rheumatoider Arthritis und Multipler Sklerosis der MedUni Wien und der St. Anna Kinderkrebsforschung entdeckten sie einen zentralen Baustein in Immunzellen, der bei Autoimmunerkrankungen relevant ist.

„Es handelt sich dabei um den Signalweg in Dendritischen Zellen, der die T-Zell-Tolerogenese fördert. Dieser ermöglicht es den Dendritischen Zellen also, die Immuntoleranz speziell der T-Zellen zu boostern und sie daran zu hindern, körpereigene Strukturen anzugreifen“, verdeutlicht die Erstautorin der Studie Andrea Vogel vom Institut für Gefäßbiologie und Thromboseforschung der MedUni Wien.

Mit den Ergebnissen leisten die ForscherInnen einen Beitrag zu einem möglichen neuen zellbasierten Therapieansatz bei Autoimmunerkrankungen: Dabei soll gezielt auf den Signalweg in den Dendritischen Zellen eingewirkt werden, um die fehlgesteuerten T-Zellen „abzuschalten“ und ein Fortschreiten der Autoimmunerkrankung einzudämmen.

Weitere Forschungen dazu werden folgen, betont Andrea Vogel: „Als nächstes wollen wir untersuchen, ob dieser Signalweg in den Dendritischen Zellen auch bei Krebs eine Rolle spielt.“

Die Medizinische Universität Wien (kurz: MedUni Wien)
ist eine der traditionsreichsten medizinischen Ausbildungs- und Forschungsstätten Europas. Mit rund 8.000 Studierenden ist sie heute die größte medizinische Ausbildungsstätte im deutschsprachigen Raum. Mit 6.000 MitarbeiterInnen, 30
Universitätskliniken und zwei klinischen Instituten, 13 medizintheoretischen Zentren und zahlreichen hochspezialisierten Laboratorien zählt sie auch zu den bedeutendsten Spitzenforschungsinstitutionen Europas im biomedizinischen Bereich.

Wer gern mehr erfahren möchte, schaut bitte direkt unter www.meduniwien.ac.at

Service: Cell Reports
JAK1 signaling in dendritic cells promotes peripheral tolerance in autoimmunity through PDL1 mediated regulatory T-cell induction Andrea Vogel, Katharina Martin, Klara Soukup, Angela Halfmann, Martina Kerndl, Julia S. Brunner, Melanie Hofmann, Laura Oberbichler, Ana Korosec, Mario Kuttke, Hannes Datler, Markus Kieler, Laszlo Musiejovsky, Alexander Dohnal, Omar Sharif, Gernot Schabbauer
Doi: 10.1016/j.celrep.2022.110420
https://www.cell.com/cell-reports/fulltext/S2211-1247(22)00144-9