Woher kommt der Hüftschmerz?
Hinweise auf das Iliosakralgelenk erkennen
Wer bei alltäglichen Bewegungen wie Treppensteigen oder Bücken unter starken Schmerzen im Beckenbereich leidet, verdächtigt als Auslöser meist das Hüftgelenk.
Ursache für die Beschwerden ist aber oftmals das Iliosakralgelenk, kurz ISG, das sich im unteren Abschnitt des Rückens zwischen Kreuz- und Darmbein befindet.
Grund für die Verwechslungsgefahr: Die Schmerzmuster bei einem Hüftleiden sind zum Teil identisch mit denen eines ISG-Syndroms. Wie sich die beiden Krankheitsbilder dennoch unterscheiden lassen und welchen Zusammenhang es außerdem gibt, erklärt Prof. Dr. Dr. Nikolai Rainov, Neurochirurg im MVZ Wirbelsäulenzentrum München-Taufkirchen.
Unterschiede erkennen
Während es sich beim Hüftgelenk um ein Kugelgelenk aus Knochen handelt, ist das ISG eine flache Fuge, die von zahlreichen Bändern umgeben ist.
Bereits bei einer geringfügigen Verschiebung, beispielsweise durch einen Sturz auf das Gesäß, kann der Bandapparat schmerzhaft überdehnen.
Betroffene spüren anschließend meist ein Stechen oder Ziehen oberhalb des Gesäßes, aber auch in der Rückseite des Oberschenkels, in den Waden und den Füßen.
„Durch das Hüftgelenk verursachte Schmerzen lassen sich hingegen nur im Gesäß und im hinteren Oberschenkel wahrnehmen. Sowohl das Hüftgelenk als auch das ISG erzeugen zudem oftmals Beschwerden in der Leiste. Im Falle eines ISG-Syndroms lassen sie sich meist nur mittig der Leiste feststellen, wohingegen das Hüftgelenk den gesamten Abschnitt, also von der Beckenseite bis zum Schritt, betreffen kann“, erläutert Prof. Rainov.
Wechselwirkung zweier Gelenke
Aber nicht nur ähnliche Symptome bringen das ISG und Hüftgelenk miteinander in Verbindung.
„Studien ergaben, dass ein Viertel der Patienten mit Hüftbeschwerden auch Anomalien im ISG aufweisen. Liegt beispielsweise eine Arthritis oder Verengung im Becken vor, werden Belastungen von der Hüfte auf das Iliosakralgelenk übertragen“, so Prof. Rainov.
Folglich wird ein ISG-Syndrom nicht nur aufgrund ähnlicher Schmerzmuster mit Erkrankungen im Becken verwechselt, es kann sich auch durch das Hüftgelenk entwickeln beziehungsweise verschlimmern.
„Bei der Diagnose gilt es daher beide Gelenke zu berücksichtigen“, betont Prof. Rainov.
Gezielte Untersuchungen
Um herauszufinden, was die Schmerzen verursacht, bedarf es einer ausführlichen Anamnese.
„Anschließend bringen einige Tests zusätzlich Licht ins Dunkle. Zum Beispiel liegen Patienten in Rücken- oder Seitenlage, während ein Facharzt an verschiedenen Stellen Druck auf den Körper ausübt. Bewirken mindestens drei der fünf Tests Schmerzen zwischen dem Kreuz- und Darmbein, erhärtet sich der Verdacht eines ISG-Syndroms“, weiß Prof. Rainov.
Führen hingegen mehrere der Tests eindeutig zu Beschwerden im Hüftgelenk, wird dieses als Ursache angesehen. Ärzte injizieren entsprechend dem Untersuchungsergebnis ein schmerzstillendes Medikament in das ermittelte Gelenk. Bleiben die Leiden daraufhin aus, ist je nach getesteter Region der Auslöser bestätigt.
Für mehr Stabilität
Zur Schmerzlinderung helfen sowohl bei einem ISG-Syndrom als auch bei vielen Hüfterkrankungen meist konservative Maßnahmen. Dazu zählen unter anderem Wärmebehandlungen, Physiotherapien und Akupunktur. Erzielen diese jedoch nicht die gewünschte Wirkung, bietet sich oftmals ein minimalinvasiver Eingriff an.
„Bei einem ISG-Syndrom setzen wir in unserer Klinik sogenannte iFuse-Implantate aus Titan in das Kreuz-Darmbeingelenk ein. Ihre dreieckige Form verhindert Rotationen und durch ihre poröse Oberflächenbeschaffenheit verwachsen sie zudem gut mit dem umliegenden Knochen. So erhält das Gelenk wieder mehr Stabilität und die Schmerzen lassen nach“, erklärt Prof. Rainov.
In der Regel übernehmen Krankenkassen die Kosten für den Eingriff, der etwa 40 Minuten dauert.
„Bei einer Verengung im Becken wiederum wird die Form des Hüftgelenks oder der -pfanne minimalinvasiv korrigiert, um ein künftiges Einklemmen zu verhindern“, erklärt Prof. Rainov abschließend.
Weitere Informationen erhalten Sie auch direkt unter www.orthopaede.com