Stoßdämpfer Iliosakralgelenk
Kleine Schnittstelle – große Aufgabe
Auf der einen Seite gehört das Iliosakralgelenk, kurz ISG, als Verbindungselement zwischen Wirbelsäule und Becken zu den wichtigsten Gelenken des Körpers.
Auf der anderen Seite zählt die zentrale Übergangsstelle als häufiger Verursacher starker Rückenschmerzen.
Warum das ISG diese Doppelrolle in unserem Körper übernimmt und welche Besonderheiten es noch aufweist, erklärt Reza Zamani, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Orthopädische Praxis Glinde, im folgenden Interview.
Starkes Konstrukt?
„Zunächst einmal verdankt das Iliosakralgelenk seinen Namen der Lage zwischen Darm- und Kreuzbein, die Os ilium und Os sakrum genannt werden. Mediziner sprechen von daher auch gerne vom Kreuz-Darmbeingelenk. Es ist etwa handtellergroß und verbindet den unteren Wirbelsäulenabschnitt mit den beiden Beckenschaufeln.
Unterstützt wird es dabei von einem straffen Bandapparat, der das hintere Becken umfasst. Genau genommen handelt es sich beim ISG aber nicht um ein klassisches Kugelgelenk wie beispielsweise an Schulter oder Knie, sondern eher um einen flachen Gelenkspalt, der nur minimale Seitwärts- und Beugebewegungen zulässt.“
Besonderheit im Becken?
„Vielen Menschen ist nicht bewusst, welche hohen Belastungen täglich auf das Kreuz-Darmbeingelenk einwirken. So dient die kleine Schnittstelle bei diversen Aktivitäten als eine Art Stoßdämpfer. Muskeln und Bandstrukturen federn einwirkende Kräfte, wie beispielsweise beim Joggen, ab und leiten sie über die Beckenschaufeln an den Oberkörper weiter.
Daneben hält uns das stabile Konstrukt in aufrechter Position und sorgt dafür, dass wir nicht nach vorne kippen. Vor allem während der Schwangerschaft spielt das ISG eine sensible Rolle. Um die Geburt zu ermöglichen, dehnen sich die umliegenden Bänder und erreichen bei der Entbindung ihr Maximum.“
Aus dem Gleichgewicht?
„So leistungsstark das Iliosakralgelenk auch scheint, so anfällig ist es bei Funktionsstörungen. Denn aufgrund seiner eingeschränkten Beweglichkeit, führen bereits ein Sturz auf das Gesäß, ein Tritt ins Leere oder ruckartige Bewegungen, zum Beispiel beim Fuß- oder Handball, zu einer schmerzhaften Verschiebung der Gelenkplatten. Ebenso kann es, durch die hormonell bedingte Lockerung der Bänder, während und nach Schwangerschaften zu einer Blockierung des ISG kommen.
In manchen Fällen lassen sich zudem langwierige Beckenfehlstellungen, entzündlich-rheumatische Erkrankungen oder eine Arthrose als Auslöser der Beschwerden diagnostizieren. Unterschiedlicher können Schmerzursachen nicht ausfallen. Daher gilt die sorgfältige Diagnostik mit ausführlicher Anamnese als unerlässlich, um das ISG als Schmerzauslöser zu identifizieren.“
Alles wieder im Griff?
„Zunächst gehören körperliche Aktivitäten, wie ausgedehnte Spaziergänge, Schwimmen oder Radfahren, zu den wichtigsten Genesungsinstrumenten, um eine ISG-Blockade zu lösen. Physiotherapie oder Wärmebehandlungen lindern in der Regel ebenfalls erste Beschwerden.
Klagen Betroffene über anhaltend starke Schmerzen, lindern auch lokale Injektionen direkt ins Gelenk kurzzeitig auftretende Probleme. Im nächsten Schritt kommt die Thermokoagulation zum Einsatz.
Bei dem minimalinvasiven Verfahren veröden wir unter Einfluss von hochfrequentem Wechselstrom den schmerzverursachenden Nervenstrang.
Wird damit keine dauerhafte Beschwerdefreiheit erreicht, empfehlen wir einen operativen Eingriff. Hier bietet die moderne Chirurgie mehre Möglichkeiten. Je nach Beschaffenheit der Knochen finden spezielle Schraubsysteme oder dreieckige Titanimplantate, sogenannte iFuse-Implantate (Kassenleistung) Anwendung, die mit dem umliegenden Knochen gut verwachsen und langfristig zu einer dauerhaften Stabilisierung führen“, betont Zamani abschließend.
Weitere Informationen erhalten Sie auch direkt unter www.si-bone.de oder www.orthopaedie-glinde.de