Fehldiagnose Rückenschmerz
Drei häufige Irrtümer
Neuere Forschungsergebnisse besagen, dass Rückenschmerzen zu 85 Prozent als unspezifisch gelten, das heißt, die Ursache der Schmerzen bleibt unklar.
Die gute Nachricht: Unspezifische Rückenschmerzen klingen nach kurzer Zeit von alleine wieder ab und sind medizinisch harmlos.
Nur in etwa 15 Prozent der Fälle verbirgt sich hinter den Beschwerden eine ernsthafte Erkrankung wie ein Bandscheibenvorfall, Wirbelgleiten, eine Entzündung innerer Organe oder ein Tumor.
„Mit viel ärztlicher Erfahrung, entsprechender Anamnese und körperlicher Untersuchung gilt es der Quelle auf den Grund zu gehen“, weiß Dr. Miguel Alquiza, Chefarzt des Zentrums für Wirbelsäulenchirurgie im Evangelischen Waldkrankenhaus Spandau und betont: „Oftmals gleicht das reinster Detektivarbeit.“
Irrtum Nr. 1: Es handelt sich fast immer um einen Bandscheibenvorfall
Im angeordneten MRT sieht der Radiologe Veränderungen an der Wirbelsäule, mitunter sogar einen Bandscheibenvorfall.
„Allerdings zeigt ein Viertel aller Rückenpatienten ab dem 50. Lebensjahr altersbedingte Bandscheibenschäden im unteren Rückensegment, die in der Regel nichts mit der Beschwerde zu tun haben“, erklärt Dr. Alquiza und merkt an: „Es kommt darauf an, wie die Aufnahmen interpretiert werden. Denn ein Bandscheibenvorfall ist noch lange keine Erkrankung.“
Passen Symptome wie plötzlich auftretende oder stärker werdende Rückenschmerzen, die bis in beide Beine ausstrahlen, erhärtet sich jedoch der Verdacht.
Was viele dabei außer Acht lassen: Das ISG-Syndrom führt zu den gleichen Schmerzen wie ein Bandscheibenvorfall.
In jedem fünften Fall liegt die eigentliche Ursache im Iliosakralgelenk, das, sofern konservativ austherapiert, mithilfe von sogenannten iFuse-Implantaten (Kassenleistung) operativ stabilisiert werden kann.
Nach kurzer Einheilphase kehren Patienten wieder in ihren gewohnten Alltag zurück.
Irrtum Nr. 2: Gesunder Rücken? Dann verursacht Stress die Schmerzen
Hohe Arbeitsbelastungen oder familiäre Spannungen führen manchmal auch zu plagenden Rückenbeschwerden.
Zeigen weder Röntgen noch MRT Auffälligkeiten an den Wirbelgelenken, steht die Diagnose „psychische Belastung“ schnell im Raum.
„Obwohl Patienten spüren, dass ihre Schmerzen körperlichen Ursprungs sind, wird ihnen oftmals nicht richtig zugehört“, erklärt Dr. Alquiza. „Dabei können zum Beispiel raumfordernde Entzündungen des Magens, der Leber oder des Darms zu Rückenschmerzen führen, da sie über bestimmte Nerven mit der Wirbelsäule verbunden sind.“
Bei stressgeplagten Rückenschmerzpatienten geben Blutwerte schnell Aufschluss darüber, ob eine Entzündung vorliegt, die die Ursache weiter einkreist.
Dr. Alquiza empfiehlt: „Patienten sollten mehr auf ihr Bauchgefühl hören und notfalls eine zweite Meinung einholen.“
Irrtum Nr. 3: Rückenprobleme entstehen spontan
Leiden Betroffene unter plötzlich auftretenden Schmerzattacken im Kreuz, befürchten die meisten Patienten gleich Schlimmes.
In vielen Fällen entwickeln sich Rückenprobleme jedoch aufgrund einer jahrelangen ungesunden Lebensweise.
So kommt es bei vielen Menschen beispielsweise durch Bewegungsmangel zu einer Verkürzung der Muskulatur. Dauernde Unterforderung von Muskeln und Bändern lässt die Strukturen des Bewegungsapparates verkümmern.
Auf den Körper einwirkende Kräfte werden dann nicht mehr gleichmäßig verteilt.
Dies führt wiederum zur übermäßigen Beanspruchung einzelner Körperpartien, zum Beispiel von Muskeln und Gelenken in Hüfte sowie Rücken.
Auch Übergewicht sorgt meist für eine solch schmerzhafte Überlastung.
„Um das Risiko von Rückenbeschwerden zu senken, ist daher sowohl die Beweglichkeit und Kräftigung der Muskeln wichtig als auch eine gesunde Ernährung. Beides sollte auf keinen Fall vernachlässigt werden“, betont Dr. Alquiza abschließend.
Weitere Informationen unter www.si-bone.de oder www.johannesstift-diakonie.de