Ultraschall gewährt Einblicke ins Gehirn von Neugeborenen

... eine neue Sicht durch kleine Gasbläschen

Ein Schlaganfall gilt als Erkrankung von älteren Menschen – jedoch erkranken jährlich in Deutschland auch etwa 100 bis 200 Neugeborene daran.

Die moderne Ultraschalldiagnostik kann dabei unterstützen, solchen kindlichen Schlaganfällen auf die Spur zu kommen. Die hochauflösende Sonografie ist ein entscheidendes bildgebendes Verfahren zur Erkennung von krankhaften Veränderungen des Gehirns bei Früh- und Neugeborenen, strahlenfrei und direkt am Krankenbett.

Neue Techniken mit kontrastmittelverstärkter Sonografie und spezieller Software können nahezu mikroskopisch genau Gefäße erfassen. Das gelang nun erstmalig bei einem Neugeborenen mit Schlaganfall am Universitätsklinikum Erlangen.

Dieses Verfahren eröffnet möglicherweise neue Perspektiven in der Diagnostik, ist aber noch Gegenstand von Studien.  

Ob Gewebeveränderungen oder Schädigungen im Gehirn, Schlaganfälle, Hirnblutungen, Fehlbildungen oder eine vermehrte Ansammlung von Nervenwasser – die hochauflösende Sonografie des Gehirns bei Früh- und Neugeborenen ist fester Bestandteil der Diagnostik und eine hervorragende Methode zur Klärung fast aller krankhafter Veränderungen.

Sie gehört zur täglichen Routine in der Neonatologie und Pädiatrie. Nur in besonderen Fällen wird eine weitere Bildgebung wie Magnetresonanztomographie oder selten eine Computertomographie benötigt.

 „Die Dopplersonografie kann den Blutfluss in den Gefäßen im Gehirn erfassen“, erläutert Privatdozent Dr. med. Jörg Jüngert, Stellvertretender Leiter der Sektion Pädiatrie der DEGUM, Oberarzt an der Kinder- und Jugendklinik und Leiter der pädiatrischen Sonografie am Universitätsklinikum Erlangen.

„Die Gewebsdurchblutung oder kleinste Gefäße mit geringer Flussgeschwindigkeit können jedoch mit diesem Verfahren nicht immer ausreichend dargestellt und charakterisiert werden.“

Hier kann bei individueller Indikation eine kontrastmittelverstärkte Sonografie direkt am Krankenbett weiterhelfen. Bisher ist diese jedoch in Europa für Kinder und Jugendliche nicht zugelassen.

„Die Magnetresonanztomographie ist das führende Verfahren zur frühen Diagnostik eines kindlichen Schlaganfalls. Sie setzt eine Geräteverfügbarkeit voraus und erfordert einen Transport und eine Sedierung“, so der DEGUM-Experte.

Vor kurzem kam eine spezielle Analyse einer kontrastmittelverstärkten Sonografie bei einem Neugeborenen mit Schlaganfall zum Einsatz. Hierdurch konnten in der Akutsituation kleinste Gefäße in der betroffenen Region dargestellt werden.

Die Einordnung der Grenzen und Möglichkeiten dieses Verfahrens in der Erkennung von krankhaften Veränderungen des Gehirns bei Neugeborenen ist derzeit Gegenstand von Studien.

Die Methode basiert auf dem Einsatz winziger Gasbläschen als Kontrastmittel, die intravenös verabreicht und deren Gas nach kurzer Zeit über die Lunge wieder abgeatmet wird. Ein handelsübliches Ultraschallgerät mit spezieller Software ermöglicht es, die Perfusion des Gehirns in Echtzeit zu visualisieren und mit Hilfe eines speziellen Analyseverfahrens kleinste Gefäße zu charakterisieren.  Dieses Verfahren wird als Ultrasound Localization Microscopy (ULM) bezeichnet.

Perspektiven: Neue Forschung und KI-gestützte Analyse
Die DEGUM unterstützt mehrere Forschungsprojekte, um die kontrastmittelverstärkte Sonografie in der Pädiatrie weiterzuentwickeln. Bislang benötigt die detaillierte Analyse der Mikrogefäße eines Neugeborenen einen ganzen Arbeitstag. „KI-gestützte Algorithmen könnten diesen Prozess künftig erheblich optimieren“, so Jüngert abschließend.