Insulin degludec ab Ende September vom Markt

Junge Menschen mit Diabetes Typ 1 sind besonders betroffen

Viele junge Menschen mit Typ-1-Diabetes reagieren besorgt und enttäuscht darauf, dass degludec ab Ende September nicht mehr in Deutschland erhältlich sein wird: „Endlich mal wieder gute Werte und dann soll das Insulin vom Markt?!“, „Ich bin darauf angewiesen und muss jetzt schon wieder umgestellt werden!“, lauten Reaktionen zahlreicher Betroffener.

Gestern fand im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) eine Anhörung im Stellungnahmeverfahren der Nutzenbewertung von Insulin degludec (Tresiba®) in der pädiatrischen Indikation statt. Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG), diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe und Deutsche Diabetes-Hilfe – Menschen mit Diabetes (DDH-M) wiesen hierbei nochmal auf die Vorteile des Basalinsulins insbesondere bei Heranwachsenden hin und rechnen gerade bei dieser Patientengruppe mit Therapiekomplikationen durch den Vertriebsstopp.

„Nach 15 Jahren hatte ich endlich ein Insulin gefunden, womit ich einigermaßen gute Werte erreiche!“, „Endlich gab es mal ein vernünftiges Insulin und nun ist es bald wieder weg...“, „Mein HbA1c hat sich durch Tresiba so deutlich verbessert - das ist wirklich besch... „ – seit der Meldung, dass Novo Nordisk den Vertrieb des Basalinsulins Insulin degludec (Handelsname: Tresiba®) in Deutschland Ende September einstellen wird, melden sich täglich Betroffene bei DDG, diabetesDE und DDH-M.

Am Dienstag, den 07. Juli 2015, fand beim G-BA eine Anhörung zur pädiatrischen Sicht auf degludec statt. Professor Dr. med. Thomas Danne, Vorstandsvorsitzender von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe und Chefarzt am Kinderkrankenhaus AUF DER BULT in Hannover, stellte dabei nochmal die Vorteile von degludec insbesondere für junge Typ-1-Diabetiker heraus: „Gerade bei Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes, die häufig Schwierigkeiten mit regelmäßiger Insulingabe haben, hat sich nach ersten klinischen Erfahrungen das zeitlich flexibel injizierbare Insulin degludec besonders bewährt.“

Für die Nutzenbewertung hatte Novo Nordisk eine Studie eine Studie mit 350 teilnehmenden Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes vorgelegt. Schwache Hinweise darauf, dass Mädchen mit Typ-1-Diabetes durch degludec schwere Nebenwirkungen erleiden, sieht Danne aufgrund der zu kleinen Zahl von Studienteilnehmern als nicht repräsentativ an: Insgesamt wurden 18 Fälle von schweren Nebenwirkungen bei degludec und 16 in der Vergleichsgruppe beobachtet, die von den Studienärzten zum größten Teil als nicht mit der degludec-Gabe in Zusammenhang stehend interpretiert wurden und die keine insulintypischen Nebenwirkungen waren.

Betrachtet man allerdings nur die knapp 80 Mädchen pro Gruppe so errechnet sich ein statistischer Unterschied einer Rate von etwa 15 auf 100 Mädchen unter degludec gegenüber 3 von 100 mit der Standardherapie. „Darüber hinaus wäre es wichtig gewesen zu sehen, ob der Studien-Befund von weniger Überzuckerungen mit Ketonbildung bei Tresiba im klinischen Alltag das auch in Deutschland nach wie vor ungelöste Problem der lebensbedrohlichen Ketoazidose bei Typ 1 Diabetes seltener hätte werden lassen“, erklärt Danne. DDG Präsident Professor Dr. med. Baptist Gallwitz vom Universitätsklinikum Tübingen betonte in der Anhörung, welchen Einfluss der flexible Injektionszeitpunkt von degludec auf die Lebensqualität der Betroffenen habe: „Das ist ein eindeutiger Vorteil gegenüber anderen Basalinsulinen“.

„Es kann nicht sein, dass neue Insuline in anderen Ländern Europas verfügbar sind, bei uns jedoch nicht“, sagt Jan Twachtmann, Vorstandsvorsitzender von Deutsche Diabetes-Hilfe – Menschen mit Diabetes.

„Für junge Menschen mit Diabetes Typ 1 ist es für den Verlauf der Erkrankung entscheidend, ihren Stoffwechsel so früh wie möglich langfristig gut einzustellen“, betont der Jurist auch aus eigener Erfahrung. Ein stabiler Stoffwechsel ist nicht nur für die gegenwärtige Gesundheit und Lebensqualität entscheidend, sondern auch für die Lebenssituation in höherem Alter.

Eine gute Blutzuckereinstellung trägt entscheidend zur Vermeidung von Folgeerkrankungen bei. Wie sich Betroffene gegen den geplanten Vertriebsstopp einbringen können, hat die DDH-M hier zusammengefasst: Tresiba wird vom Markt genommen

Über die Deutsche Diabetes Gesellschaft:
Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) gehört mit über 8600 Mitgliedern zu den großen medizinischen Fachgesellschaften in Deutschland. Sie unterstützt Wissenschaft und Forschung, engagiert sich in Fort- und Weiterbildung, zertifiziert Behandlungseinrichtungen und entwickelt Leitlinien.
Ziel ist eine noch wirkungsvollere Prävention und Behandlung der Volkskrankheit Diabetes, von der Millionen von Menschen in Deutschland betroffen sind.

diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe ist die  gemeinnützige und unabhängige Dachorganisation, die Menschen mit Diabetes, Diabetesberater, Ärzte und Forscher vereint. Gemeinsam schaffen wir Öffentlichkeit für das Thema und vertreten die Interessen der Menschen mit Diabetes. Wir setzen uns für eine bessere Prävention, Versorgung und Forschung im Kampf gegen die Volkskrankheit Diabetes ein. Die Krankheit breitet sich auch in Deutschland rasch aus. 6 Millionen Menschen sind in Behandlung und jeden Tag kommen fast 1000 Neuerkrankte hinzu.

Gegründet wurde diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe von der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) www.ddg.info und dem Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland (VDBD) www.vdbd.info.

Die Selbsthilfe ist innerhalb von diabetesDE durch die selbstständige Selbsthilfeorganisation Deutsche Diabetes-Hilfe – Menschen mit Diabetes (DDH-M) www.ddh-m.de  vertreten.