Altersbedingte Makuladegeneration
... ein Experteninterview mit Priv. Doz. Dr. med. Fabian Höhn, Chefarzt der Klinik für Augenheilkunde am Marienhospital Osnabrück
Welchen Einfluss hat UV-Licht auf die Augengesundheit und die Entstehung einer altersbedingten Makuladegeneration (AMD)?
Dr. med. Höhn: Das besondere am UV-Licht ist, dass es die verschiedenen Augenstrukturen durchdringen kann und hochenergetisch ist. Das kann dann im Bereich der Netzhaut sogenannten oxidativen Stress ausüben, wodurch es dort zu einem stärkeren Zellverfall kommt als normalerweise. Dies ist einer der wesentlichen Faktoren, die für die Entstehung einer altersbedingten Makuladegeneration mitverantwortlich gemacht werden. Vor allem ist es auch einer der Faktoren, die eigentlich vermeidbar oder beeinflussbar sind.
Wer ist von einer AMD besonders betroffen?
Dr. med. Höhn: In erster Linie sind dies ältere Menschen. Untersuchungen zeigen, dass unter den 50-Jährigen etwa zwei Prozent der Bevölkerung an einer altersbedingten Makuladegeneration leiden, bei den 60-Jährigen sind es drei Prozent und bei den 70-Jährigen bereits 20 Prozent. Das Alter ist demnach ein entscheidender Faktor.
Der andere ist die Genetik:
So gibt es beispielsweise Menschen, die ihr leben lang in der Sonne arbeiten und rauchen, aber nie an einer AMD erkranken. Genetik kann sowohl schützen, als auch verwundbar machen.
Generell sind Menschen, die viel im Freien arbeiten Untersuchungen zufolge jedoch doppelt so häufig von AMD betroffen. Hält man sich viel am Wasser auf, fällt davon relativ viel Licht zurück auf die Netzhaut.
Noch drastischer ist es auf schneebedeckten Bergen, dort fällt bis zu 85 Prozent der Lichtreflexion zurück ins Auge. Und je höher man sich befindet, desto stärker ist die UV-Strahlung. Bereits in 1000 Meter Höhe nimmt die UV-Strahlung um 20 Prozent zu.
Das kennt man auch vom Skifahren, wobei besonders auf einen adäquaten Sonnenschutz geachtet werden muss. Hier ist ein Schutz durch Sonnenbrille und -Hut sowie Sonnencreme unbedingt empfehlenswert.
Darüber hinaus gibt es das hochenergetische blaue Licht.
Das haben wir alltäglich um uns herum in Form von Smartphones, Tablets und Strahlung von Bildschirmen, also auch besonders bei Bürotätigkeiten. Dafür gibt es extra Blaulichtfilter, die man einschalten kann, da bekannt ist, dass dieses Licht besonders schädlich für die Netzhaut sein kann.
Aus diesem Grund werden in der Kataraktchirurgie (Linsenersatzoperation) in ungefähr 25 Prozent der Fälle in Deutschland gelbe Linsen, also Blaulichtfilter-Linsen, eingesetzt, um die Netzhaut vor zu viel energetischem Licht zu schützen.
Allerdings können wir nicht komplett auf das blaue Licht verzichten, da es uns auch glücklich macht. Die Skandinavier schützen sich beispielsweise mit Licht-Therapien vor Depressionen in den dunklen Monaten.
Mit welchen Symptomen kommen die Patienten, die erste Anzeichen einer AMD aufweisen, zu Ihnen?
Dr. med. Höhn: Die Erkrankung beginnt immer mit einer trockenen altersbedingten Makuladegeneration, an der etwa 80 Prozent der Betroffenen leiden.
Jede feuchte AMD, bei der Blut oder Flüssigkeit in die Makula austreten kann, entsteht aus einer trockenen Form. Patienten mit einer frühen Form der AMD klagen typischerweise über ein Wellenliniensehen, die sogenannte Metamorphopsie.
Wenn Sie sich z. B. Kacheln im Bad anschauen und abwechselnd das rechte und das linke Auge zuhalten und dabei bemerken, dass die Linien nicht mehr gerade verlaufen, sondern kleine Wellen bekommen, dann ist das ein früher Hinweis darauf, dass hinten im Bereich der Netzhaut etwas nicht in Ordnung ist.
Wahrscheinlich haben Sie dann Drusen (Ablagerungen von extrazellulärem Material unterhalb der Netzhaut) oder Pigmentepithelverschiebungen.
Schreitet es weiter voran, bekommen Sie Probleme beim Lesen.
Beispielsweise sieht man Dinge größer auf einer Seite oder Buchstaben nur noch teilweise. Irgendwann kommt es dann zu einem rapiden Sehverlust und man sieht auf dem Auge deutlich schlechter.
Um das zu ermitteln, gibt es den Amsler-Test, ein Gittermuster, das man ca. 30 Zentimeter vom Auge weghält und dabei ein Auge zuhalten muss, während ein Punkt in der Mitte fixiert wird. Verlaufen die Linien um den Fixpunkt gerade, ist alles in Ordnung. Sind sie verschwommen, sollte man sich dahingehend untersuchen lassen.
Haben Sie Tipps, wie man seine Augen vor dem schädlichen UV-Licht schützen kann? Kann man z. B. mit einer gezielten Ernährung das AMD-Risiko minimieren?
Dr. med. Höhn: Einen Sonnenhut zu tragen bringt eine UV-Reduktion von ungefähr 50 Prozent. Sonnenbrillen mit UV-Filter schützen auch sehr gut – allerdings wird oft übersehen, dass trotz der Brille bis zu 65 Prozent UV-Licht ins Auge eintreten kann, obwohl das Glas 100 Prozent abhält. Das liegt an einem nicht optimalen Gestell. Das Licht kann dabei von der Seite eindringen.
Durch die getönte Sonnenbrille weitet sich zudem die Pupille, sodass dann sogar mehr Licht ins Auge einfallen kann als wenn gar keine Brille getragen würde.
Zusätzlich sollte man alles, was mit oxidativem Stress einhergeht vermeiden – insbesondere das Rauchen. AMD und Rauchen verträgt sich gar nicht.
Eine gesunde, ausgewogene Ernährung ist ebenso wichtig.
Wir haben einen natürlichen UV- und Blaulichtfilter im Auge. Die Hornhaut, die Linse und im hinteren Bereich der Makula Lutea ein natürliches Pigment, das Lutein. Durch eine ausgewogene Ernährung und die Aufnahme der Pigmentstoffe in hoher Konzentration lässt sich der natürliche Lutea-Schutz gezielt verstärken.
Besonders gut eignet sich grünes Gemüse, wie Spinat, Brokkoli oder Erbsen, aber auch Karotten, Fenchel und Mais – jedoch müssen Sie relativ viel davon essen. Um die 500g Gemüse und 250g Obst am Tag wären ideal.
Ist das in dem Maße nicht möglich, müssen von außen Carotinoide, die antioxidativ wirken und das schädliche UV-Licht filtern, zugeführt werden.
Das sind im Wesentlichen meso-Zeaxanthin, Zeaxanthin, und Lutein.
Dafür gibt es verschiedene Präparate aus der Apotheke zum Diätmanagement bei AMD (z. B. MacuShield), die Sie zu sich nehmen können. Ist man sich unsicher, ob über die Nahrung genügend Carotinoide aufgenommen werden, sind Nahrungsergänzungen eine Möglichkeit, um den nötigen Bedarf abzudecken.
Warum ist eine ausreichende Versorgung mit Carotinoiden wichtig? Kann man dadurch das Fortschreiten der AMD verzögern?
Dr. med. Höhn: Eine ausgewogene Ernährung oder auch eine Supplementierung ist für die Prävention oder Verlangsamung einer AMD durchaus wichtig. Die Ergebnisse einer ARED-2-Studie zeigen, dass eine altersbedingte Makuladegeneration in 25 Prozent der Fälle verlangsamt oder sogar gestoppt werden kann.
Individuell ist das allerdings sehr unterschiedlich und kann im Vorfeld leider nicht genau bestimmt werden. Wäre ich selbst von einer AMD betroffen, würde ich jedoch eine gezielte Versorgung mit Carotinoiden vornehmen, um die Möglichkeiten für mich zu maximieren, dass der Schaden nicht weiter voranschreitet.
Was ist der Unterschied zwischen den Carotinoiden Zeaxanthin und meso-Zeaxanthin?
Dr. med. Höhn: Zeaxanthin und Meso-Zeaxanthin sind Isomere (chemische Verbindungen) mit ähnlichen Strukturen. Sie unterscheiden sich jedoch in ihrer antioxidativen Kapazität. Das meso-Zeaxanthin ist hier besonders potent. Das heißt, es ist ein hervorragender Radikalenfänger und besitzt die Fähigkeit, die durch Zellverfall entstehenden Radikalen im Bereich der Makula Lutea zu kompensieren und zu fangen.
Es ist das aktuell potenteste Carotinoid. Untersuchungen hierzu zeigen, dass meso-Zeaxanthin in der Netzhaut durch Lutein-Carotinoide gebildet wird. Allerdings weisen Menschen, die für AMD anfällig sind, einen Mangel an meso-Zeaxanthin auf. Die Forscher vermuten, dass diese Menschen genetisch bedingt nicht im Stande sind das Carotinoid selbst zu bilden.
Jedoch reagieren sie positiv auf die Zufuhr von meso-Zeaxanthin über die Nahrung.
Quelle:
ABC HEALTHCARE GmbH & Co. KG – www.abc-healthcare.de