Synthetische Peptide könnten Bildung schädlicher Ablagerungen verhindern

Bei der Alzheimer-Demenz geht der Untergang der Hirnzellen mit der Bildung von schädlichen Eiweißaggregaten und -ablagerungen, den sogenannten Amyloid-Plaques, einher.

Ähnliche Prozesse spielen aber auch beim Typ-2-Diabetes eine wichtige Rolle. Einem Forschungsteam unter der Führung der Technischen Universität München (TUM) ist es nun gelungen, “Mini-Eiweiße“, sogenannte Peptide, zu entwickeln, welche die amyloidbildenden Eiweiße binden und ihre Zusammenlagerung zu zellschädlichen Aggregaten verhindern können.

Bei vielen zell- und neurodegenerativen Erkrankungen bilden sich giftige Eiweißaggregate, die Zellen zum Absterben bringen. Prominente Vertreter dieser Krankheiten sind die Alzheimer-Demenz und der Typ-2-Diabetes mellitus mit weltweit mehr als 50 beziehungsweise 400 Millionen Betroffenen. In einer alternden Bevölkerung steigt die Zahl an Diabetes- und Alzheimer-Patient:innen stetig an. Da beide Krankheiten bislang nicht heilbar sind, besteht ein hoher Bedarf an neuen Therapieansätzen.

Die für den Zelltod mitverantwortlichen amyloiden Eiweißaggregate bieten hierfür einen vielversprechenden Ansatzpunkt. Dem Team um Aphrodite Kapurniotu, Professorin für Peptidbiochemie an der TUM, ist es nun in Experimentalmodellen gelungen, die Bildung der schädlichen Eiweißaggregate, die mit beiden Erkrankungen in Zusammenhang stehen, mit Hilfe von neuartigen synthetischen Peptiden zu hemmen.

Molekulare Wechselwirkungen zwischen Alzheimer-Demenz und Typ-2-Diabetes

Frühere Forschungsarbeiten haben gezeigt, dass bestimmte Wechselwirkungen zwischen den Eiweißen der beiden Erkrankungen ihre Amyloidbildung dramatisch beschleunigen können. Diese Befunde könnten möglicherweise erklären, warum Menschen, die an einer der beiden Krankheiten leiden, ein erhöhtes Risiko für die jeweils andere Krankheit aufweisen könnten.

Das Team konzipierte synthetische Peptide, die als mögliche Hemmstoffe der Amyloidbildung in beiden Erkrankungen fungieren könnten. Prof. Kapurniotu erläutert: „In der Tat binden diese Peptide die amyloidbildenden Eiweiße, die mit beiden Erkrankungen zusammenhängen, und verhindern nicht nur, dass diese sich zu schädlichen Amyloidaggregaten zusammenlagern sondern auch, dass sie miteinander wechselwirken. Die durch die Hemmstoff-Eiweiß-Bindung entstehenden gemischten Aggregate sehen verblüffenderweise den schädlichen Amyloiden sehr ähnlich, sind jedoch für die Zellen unschädlich. Zudem werden diese gemischten Eiweiße von den Fresszellen des Immunsystems besser aufgenommen als die schädlichen Amyloidaggregate.“

Weitere Untersuchungen sollen Weg für eine medizinische Anwendung ebnen

Aufgrund der vermuteten Verbindung zwischen Alzheimer-Demenz und Typ-2-Diabetes hält Prof. Kapurniotu die designten Peptide für wertvolle Kandidaten für die Entwicklung von Wirkstoffen, die bei der Behandlung beider Erkrankungen Einsatz finden könnten.

Die TUM hat die designten Peptide bereits zum Patent angemeldet. Weitere Untersuchungen stehen nun an, um die Überführung der Ergebnisse aus den experimentellen Modellen in eine medizinische Anwendung voranzutreiben.

Quelle:
Mitteilung der Technischen Universität München vom 9. November 2022    

Publikationen
Taş K., Volta B.D., Lindner C., El Bounkari O., Hille K., Tian Y., Puig-Bosch X., Ballmann M., Hornung S., Ortner M., Prem S., Meier L., Rammes G., Haslbeck M., Weber C., Megens R.T.A., Bernhagen J., Kapurniotu A. Designed peptides as nanomolar cross-amyloid inhibitors acting via supramolecular nanofiber co-assembly. Nat. Commun. 2022 Aug 25;13(1):5004. DOI: 10.1038/s41467-022-32688-0.

Weitere Informationen
Das Team um Prof. Aphrodite Kapurniotu (TUM) arbeitete im Rahmen dieser Forschungsarbeit zusammen mit den Forschungsgruppen von Prof. Jürgen Bernhagen (LMU), Dr. Remco Megens und Prof. Christian Weber (LMU), Prof. Gerhard Rammes (TUM Klinikum rechts der Isar – MRI) und Dr. Martin Haslbeck (TUM).

Die Forschungsarbeiten wurden von der Deutschen Forschungs­gemeinschaft (DFG) primär im Rahmen des SFB 1035 (Sprecher Prof. J. Buchner, TUM) gefördert.