Alles über Reisekosten und Pendlerpauschale

Von der Fahrt zur Steuerersparnis

Bei der jährlichen Steuerklärung können Berufspendler die Fahrtkosten, die bei der Fahrt zu ihrer Arbeitsstelle anfallen, als Werbungskosten ansetzen.

Doch viele Arbeitnehmende wissen nicht, dass sie den doppelten Betrag als Werbungskosten geltend machen können.

Von daher lohnt sich für die wachsende Gruppe der Pendler eine alternative Steuerstrategie. Denn laut Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung stieg 2023 die Zahl der Berufsreisenden auf deutschen Straßen um etwa 140.000 auf 20,48 Millionen. Rund 68 Prozent nutzten dafür das Auto.

Dabei sind die Gründe für das Pendeln unterschiedlich.

Viele Menschen entscheiden sich aufgrund steigender Mieten und Immobilienpreise für einen Wohnort im Umland, andere wiederum empfinden die Region ihrer Arbeitsstätte als unattraktiv. Wenn keine vergleichbaren Job-Alternativen existieren, nehmen Beschäftigte bereitwillig die fast täglichen Fahrten auf sich. Insbesondere Großstädte wie München oder Frankfurt am Main bilden Pendlerhochburgen für Arbeiter aus der Umgebung.

Im vergangenen Jahr verzeichnete Hamburg mit einem Anstieg von zusätzlichen 13.200 Personen den größten Zuwachs an Pendlern.

Berufstätige, die sich regelmäßig auf den Weg zu ihrem Betrieb machen, verbringen zwischen 15 bis 30 Minuten mit der Anfahrt und legen im Schnitt etwa 17,2 Kilometer zurück. Damit verbundene Zahlungen werden oft über eine Entfernungspauschale von 0,30 Euro pro Kilometer zwischen Wohnort und erster Tätigkeitsstätte angesetzt; ab dem 21. Kilometer sogar mit 0,38 Euro.

Solche Ausgaben lassen sich allerdings erst dann als Werbungskosten in der jährlichen Steuererklärung geltend machen, wenn sie mit Erwerbseinkünften verbunden sind. Da die Rückfahrt nach Hause kein Einkommen erzielt, bleibt diese Strecke ohne Beachtung. Mithilfe eines einfachen Steuer-Hacks können Angestellte jedoch sowohl den Arbeits- als auch den Heimweg zugesprochen bekommen.

Pendlerpauschale? Das steckt dahinter

Gastbeitrag
Um den Kniff zu verstehen, der Pendlern zu steuerlichen Vorteilen verhilft, gilt es zunächst die Unterschiede zwischen Pendlerpauschale und Reisekosten unter die Lupe zu nehmen. Obwohl sie sich auf den ersten Blick ähneln und man für beides Werbungskosten ansetzen kann, stecken verschiedene Regelungen dahinter. Erstere legt § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 EStG rechtlich fest: Pendlerpauschalen erlauben es Angestellten, die anfallenden Summen für die Fahrt von ihrem Wohnort zur ersten Tätigkeitsstätte mit 0,30 Euro beziehungsweise 0,38 Euro pro gefahrenen Kilometer als berufsbedingte Ausgaben anzusetzen. Allerdings existieren dafür bestimmte Einschränkungen.

Gehen Beschäftigte beispielsweise noch einer Nebentätigkeit nach, bedarf es einer zusätzlichen und klaren Festlegung über den Ort der ersten Tätigkeitsstätte. Denn die Fahrtkosten zum zweiten Unternehmen werden in diesem Fall nicht anerkannt. Auch wenn Angestellte sich entschließen, ihre Mittagspause zu Hause zu verbringen und im Anschluss in die Firma zurückzukehren, findet die zweite Fahrt keine abgabenrechtliche Berücksichtigung. Überhaupt ist es dem Finanzamt egal, wie oft Mitarbeiter an einem Tag zwischen ihrem Wohn- und Beschäftigungsort pendeln, geltend machen dürfen sie nur einen Weg und die Distanz zwischen diesen zwei Orten – nicht die tatsächlichen Fahrten. Die Entfernungspauschale umfasst dementsprechend nur die einfache Strecke.

Im Vergleich: Reisekosten einfach erklärt

Reisekosten sind gesetzlich in § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a EStG genau definiert. Für Fahrtkosten mit einem Pkw darf man pauschal 0,30 Euro pro gefahrenen Kilometer ansetzen, mit einem Motorrad oder anderen Fahrzeugen hingegen nur 0,20 Euro. Sollten die tatsächlichen Kosten aber die pauschalen Sätze übersteigen, darf man stattdessen diese ansetzen, muss dafür aber auch Nachweise erbringen können. Dies gilt auch bei Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln. Dabei beträgt die Höchstgrenze pro Reise 130 Euro. Übrigens werden Reisekosten nur dann als Werbungskosten akzeptiert, wenn man für sie keine Erstattung durch den Arbeitgeber erhalten hat. Auf diese Weise können Beschäftigte alle Wegstrecken abgabenrechtlich geltend machen – sowohl Hin- als auch Rückfahrten. So bekommen sie den doppelten Betrag als Werbungskosten angerechnet.

Neben den Fahrtkosten setzen sich die Reisekosten aus weiteren drei erstattungsfähigen Teilbereichen zusammen: Verpflegungspauschale, Übernachtungskosten und Reisenebenkosten. Punkt eins regelt, dass Beschäftigte, die aus beruflichen Gründen reisen und dabei höhere Ausgaben für Verpflegung im Vergleich zu ihrem regulären Arbeitsplatz haben, entweder eine Erstattung dieser Kosten vom Arbeitgeber erhalten oder die Möglichkeit nutzen können, sie steuerlich als Werbungskosten über Verpflegungskostenpauschalen geltend zu machen. Dabei richtet sich die Höhe der anrechenbaren Pauschale nach der Aufenthaltsdauer und dem Aufenthaltsor

Damit die Beträge als Reisekosten anerkannt werden, gilt jedoch als Voraussetzung, dass Berufstätige an einem Tag mindestens acht Stunden sowohl von ihrem Wohnort als auch von ihrer ersten Tätigkeitsstätte abwesend sein müssen. Wenn der dienstreisende Angestellte während einer beruflichen Auswärtstätigkeit eine Unterbringung in Anspruch nehmen muss, kann er für jede auswärtig verbrachte Nacht eine Pauschale für Übernachtungskosten vom Betrieb erhalten oder ebenfalls als Werbungskosten ansetzen. Zu den üblichen Reisenebenkosten unter Punkt drei gehören beispielsweise Park- und Straßengebühren, wie Maut, oder Telefon- und Postgebühren für geschäftliche Korrespondenz.

Von Pauschalen zu Kosten

Um die Werbungskosten, die mit dem Pendeln zur Arbeit in Verbindung stehen, zu verdoppeln, können sich Beschäftigte mit einem ganz einfachen Hack zu Vorteilen bei der jährlichen Steuererklärung verschaffen. Für die optimale Umsetzung dieser Gestaltungsmöglichkeit ist jedoch bereits der erste Schritt von der Zustimmung des Unternehmens abhängig. Denn zunächst gilt es die offizielle erste Tätigkeitsstätte vertraglich abzuändern. Unter der Voraussetzung, dass die Firma unterschiedliche Standorte betreibt, einigen sich die Parteien auf eine alternative erste Tätigkeitsstätte, die nicht täglich aufgesucht werden muss. Die Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte findet laut § 9 Absatz 4 EStG in rechtsverbindlicher Vereinbarung zwischen Betrieb und Beschäftigtem statt und erlaubt daher große Gestaltungsfreiheit.

Selbstverständlich muss es sich bei dem neu festgelegten Standort um einen Tätigkeitsort handeln, an dem Angestellte ihren tatsächlichen Tätigkeiten nachgehen können. Auch wenn es nur ein paarmal im Jahr vorkommt, sollten die Mitarbeiter in der Lage sein, dort ihre regulären Aufgaben zu übernehmen – gegebenenfalls muss dies nachgewiesen werden. Für die Fahrten zur entfernteren Arbeitsstelle fällt die reguläre Pendlerpauschale mit Ansatz der einfachen Entfernung vom eigenen Zuhause aus an. Aufseiten der Beschäftigten bestehen zudem Ausgaben für die üblichen Strecken zum täglichen Tätigkeitsort. Im Sinne des Einkommensteuerrechts handelt es sich hier allerdings nicht mehr um einfache Fahrtkosten. Stattdessen greifen die
Regelungen des Reisekostenaufwandes, wodurch – dies ist der Steuervorteil – sowohl Hin- als auch Rückfahrten des Pendlers steuerlich abgedeckt sind.

Beträgt die Entfernung zwischen dem Wohnort des Angestellten und seiner von der vertraglichen ersten Tätigkeitsstätte abweichenden Arbeitsstelle 25 Kilometer, kann er die doppelte Kilometerzahl als Reisekosten in Anspruch nehmen. Während hierbei Pkw-Fahrten pauschal mit 0,30 Euro pro zurückgelegten Kilometer geltend gemacht werden können, beläuft sich die Summe bei anderen Kraftfahrzeugen, wie einem Motorrad oder E-Bike, auf 0,20 Euro.

Wenn die Strecke beispielsweise an 200 Arbeitstagen im Jahr mit dem Auto zurückgelegt wird, ergibt sich bei 25 Kilometern eine Gesamtstrecke von 10.000 Kilometern – hin und zurück. Laut den Regelungen für Reisekosten erhält der Beschäftigte somit Werbungskosten von 3.000 Euro zugesprochen.

Sollten im Vergleich dazu die Fahrten jedoch über die Pendlerpauschale geltend gemacht werden, betragen die anrechenbaren Werbungskosten in diesem Fall 1.880 Euro. Legen Angestellte noch weitere Strecken zurück, um zu ihrer Arbeit zu gelangen, sind die möglichen Ersparnisse entsprechend höher. Bei einer Verdopplung der Kilometerzahl auf insgesamt 100 Kilometer für die Hin- und Rückfahrt ergeben sich bei 200 Arbeitstagen im Jahr ein abgabenfreier Betrag von 3.480 Euro bei der Pendlerpauschale und 6.000 Euro als Reisekostenabzug.

Noch mehr pauschale Werbungskosten

Wenn Angestellte erfolgreich von der Fahrtkostenpauschale auf Reisekosten umgestiegen sind, ergeben sich für sie weitere Chancen: Sie können von den Spesen profitieren. Denn mit dieser einfachen Gestaltungsmöglichkeit können Pendler nicht nur die Ausgaben für den Arbeits- und Heimweg abgabenrechtlich ansetzen.

Für sie besteht auch die Option, weitere Vorteile aus den Reisekosten zu ziehen. Unter anderem spielt der Verpflegungsmehraufwand eine große Rolle. Hier gilt die Voraussetzung, dass Angestellte mindestens acht Stunden von ihrem Wohnort und ihrer ersten Tätigkeitsstätte abwesend sind und dabei höhere Verpflegungskosten entstehen.

Mit den anfallenden Zeiten für die Hin- und Rückfahrten ebenso wie für die Mittagspause ergibt sich für Vollzeitbeschäftigte unterm Strich ganz leicht die Mindeststundenzahl für einen vollen Arbeitstag, die Angestellte erreichen müssen, um die Verpflegungskosten ebenfalls ansetzen zu können. Wie hoch die Pauschale ausfällt, bestimmen Land und Stadt der Arbeitsstelle. Die allgemeine Regelung legt für Reisen von 8 bis 24 Stunden im Inland eine tägliche Verpflegungspauschale von 14 Euro fest.

Einigen sich der Beschäftigte und das Unternehmen beispielsweise vertraglich auf den Standort in Hamburg als erste Tätigkeitsstätte, obwohl der Arbeitnehmer in London arbeitet, erhält er eine Pauschale von 44 Euro pro Tag. Im übrigen Gebiet des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland beläuft sich die Summe auf 35 Euro. Jedoch ist zu beachten, dass der Arbeitnehmer die Verpflegungspauschale nur für maximal drei Monate in Anspruch nehmen kann. Dennoch summiert sich in dieser begrenzten Zeit ein beträchtlicher Betrag, sodass der entsprechende Teil des Bruttolohns ohne Abgaben bleibt.

Liegt die vertraglich festgelegte erste Tätigkeitsstätte ebenso wie der tatsächliche Arbeitsplatz innerhalb Deutschlands, erhalten Pendler bei 20 Arbeitstagen im Monat insgesamt 280 Euro steuerfrei. Über die gesamte Dauer von 3 Monaten, die in Anspruch genommen werden können, ergibt sich sogar eine Gesamtsumme von 840 Euro. Wenn die tatsächliche Arbeitsstätte allerdings in London liegt und vertraglich der Standort in Hamburg als erste Tätigkeitsstätte mit dem
Arbeitgeber vereinbart wurde, beträgt die monatliche Summe sogar 880 Euro.

Bei vollständiger Ausschöpfung des maximalen Anspruchszeitraums ergibt sich ein steuerfreier Gesamtbetrag von 2.640 Euro. Mithilfe dieses einfachen Steuer-Hacks können Beschäftigte also nicht nur die Werbungskosten für die Wegstrecken zur Arbeit im Jahr verdoppeln, sondern sich auch weitere abgabenrechtliche Vorteile zunutze machen.

Weitere Informationen unter https://www.juhn.com

Zum Autor:
Prof. Dr. Christoph Juhn ist Professor für Steuerrecht, Steuerberater und besitzt einen Master of Laws. Seine Schwerpunkte in der Gestaltungsberatung liegen auf Umwandlungen und Umstrukturierungen, Unternehmen- und Konzernsteuerrecht, internationalem Steuerrecht, Unternehmenstransaktionen (M&A), Beratung für Berater sowie der laufenden Steuerberatung.

Nachdem er 2011 seinen LL.M. an der Universität zu Köln erwarb, wurde er 2013 zum Steuerberater bestellt. Im Jahr 2020 promovierte er zum Dr. jur. im internationalen Unternehmen- & Umwandlungssteuerrecht und wurde noch im selben Jahr zum Professor für Steuerrecht an der FOM Hochschule Bonn berufen. Parallel dazu gründete er – nach Anstellungen in zwei Steuerberatungsgesellschaften – im Jahr 2015 die JUHN Partner GmbH und 2017 die JUHN BESAU GmbH.

Kurzprofil:
JUHN Partner ist eine Kanzlei mit Standorten in Bonn, Köln, Düsseldorf, Frankfurt am Main, und Dubai, die sich besonders auf die Steuerberatung von Kapital- und Personengesellschaften spezialisiert hat. Ihr Ziel: steueroptimierte Gesamtlösungen für Unternehmen, Gesellschafter und Geschäftsführer. Dazu betreut ein interdisziplinäres 60-köpfiges Team rund um den Gründer, geschäftsführenden Partner und Professor für Steuerrecht an der FOM Hochschule, Prof. Dr. Christoph Juhn, Mandanten sowohl bei der Steuergestaltung als auch in der laufenden Beratung.

Mit ihrem kaufmännischen und juristischen Wissen prüfen die Experten nicht nur die Steuereffizienz bestehender Unternehmensstrukturen und schaffen bei Bedarf maßgeschneidert optimierte Lösungen, sondern stehen im Rahmen langfristiger Partnerschaften für sämtliche nationalen oder internationalen Steuerfragen zur Verfügung. Dabei begleiten sie Organisationen sowie Anteilseigner etwa bei Umwandlungsvorgängen oder Unternehmensverkäufen, erstellen Jahresabschlüsse und Steuererklärungen oder übernehmen die monatliche Finanz- und Lohnbuchhaltung.