Gar nicht so dufte ...
Viele Deos bekämpfen Schweiß und Geruch mit zweifelhaften Mitteln
Endlich ist er da - der Sommer, und mit ihm heiße Tage, laue Abende und ganz viel Sonne.
So ganz nebenbei bringen uns die vielen schönen Tagen meist auch ordentlich ins Schwitzen.
Wie gut, dass es eine körpereigene „Klimaanlage“ gibt.
Doch wie ungünstig, dass sie zwei gesellschaftlich nicht gern wahrgenommene Nebeneffekte mit sich bringt: Schweiß und Geruch.
Beinahe so alt wie das Phänomen, ist auch die Geschichte der Menschen, sich duftende Lösungen einfallen zu lassen. Neu ist, durch die Entwicklungen in der Kosmetikindustrie, dass mit chemischen Mitteln bereits die Schweißbildung an sich unterbunden werden soll. Seit mehreren Jahren schon stehen einige Inhaltsstoffe in der Kritik.
Würden Sie Ihre Klimaanlage verstopfen?
Um Schweiß und Geruchsbildung begegnen zu können, muss man sich erst einmal anschauen, wie das System funktioniert. Wichtigste Aufgaben sind Regulierung der Körpertemperatur, Abtransport giftiger Stoffwechselprodukte und Aufrechterhaltung des Säureschutzmantels der Haut. Schwitzen wird über das Wärmezentrum im Gehirn geregelt.
Wärmefühler an der Haut informieren über die Temperatur und bei Bedarf nehmen circa drei Millionen Schweißdrüsen ihre Arbeit auf. Die körpereigene Klimaanlage ist dabei feinstufig eingestellt – beträgt der tägliche Durchschnitt in etwa 200–700ml Flüssigkeit, können es bei extremer Anstrengung bis zu einem Liter pro Stunde sein. Auch bildet der Schweiß eine feuchte Schicht auf der Haut, die wiederum kühlend wirkt.
Ungeachtet der Frage, ob es überhaupt sinnvoll ist, diesem notwendigen System Einhalt gebieten zu wollen, bleibt die Neugier, mit welchen chemischen Mitteln dies versucht wird. Eines, das bereits seit über zehn Jahren in der Kritik steht, ist der Einsatz sogenannter Aluminium Chloride. Die Hautporen ziehen sich aufgrund der Aluminiumsalze zusammen, dadurch werden die Schweißkanäle blockiert. Das bedeutet zwar, dass weniger Schweiß austreten kann, aber bildlich gesprochen ebenso, dass wir unsere Klimaanlage verstopfen.
Nicht selten sind Rötungen, Ekzeme, Abszesse und juckende Ausschläge die Folgen.
Zudem bleibt die ungeklärte Frage, wie es mit der Aufnahme des Metalls in den Körper aussieht. Den Toleranzwert der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) schöpfe man meist bereits durch die Nahrungsaufnahme aus, so das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in einer Stellungnahme 2014.
Eine Überschreitung des Toleranzwertes über einen längeren Zeitraum sei "aus toxikologischer Sicht nicht tolerierbar". Denn das Aluminium könne Nervensystem, Fortpflanzung und Knochenentwicklung beeinträchtigen.
Auch wenn seit Beginn der Diskussion um synthetische Aluminiumzusätze in Deos viele Hersteller in diesem Punkt eingelenkt haben, ist für bewusst entscheidende Verbraucherinnen und Verbraucher nach wie vor der Blick ins Inhaltsverzeichnis nötig.
Einzig bei zertifizierter Naturkosmetik ist die Zugabe von chemisch gewonnenen Aluminiumsalzen verboten. Verbände, wie der Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) e.V. sichern zudem über eigene Sortimentsrichtlinien (SRL), dass in den Verkaufsstellen nur zertifizierte Deos angeboten werden.
„Aluminiumchlorate oder auch –sulfate sind bei Naturkosmetik-Deos, die sich nach den zwölf vom BNN anerkannten Zertifizierungsstandards richten, ausgeschlossen“, bestätigt Cornelia Dressler vom Qualitätsteam des Verbandes.
Wenn schon Schwitzen, dann wenigstens gut riechen
Lässt man also die körpereigene Klimaanlage ihre Arbeit tun, bleibt die Lösung des Geruchproblems übrig. Schweiß, hauptsächlich bestehend aus Wasser, angereichert mit Mineralstoffen, Spurenelementen, Harnstoff, Eiweißen, Fettsäuren und Cholesterin, ist zunächst geruchsneutral. Erst in Reaktion mit Bakterien, die sich auf der Haut ansiedeln – synthetische Kleidung verschärft den Effekt –, erzeugen sie den als unangenehm empfundenen Geruch.
Die Hersteller von Deos versuchen daher auf Ebene der Bakterien bzw. ihres Enzymzusammenspiels anzusetzen.
In der Kosmetikindustrie wird mit chemisch-synthetischen Keim- und Enzymhemmern, wie PHMB, Phenoxyethanol und Ethylhexylglycerin gearbeitet. Sie sind jedoch wie Aluminium stark umstritten und im Falle von PHMB sogar seit Kurzem in der Überlegung, verboten zu werden. Daher formuliert das Verbrauchermagazin ÖKO-TEST in einer aktuellen Testreihe kurz und klar: „Ohne ist besser als mit“. Im Naturkosmetikbereich werden nur natürliche Hemmer, wie Hopfen, Fenchel, Melisse und Hamamelis eingesetzt.
Ähnlich verhält es sich bei der Verwendung sogenannter Geruchsüberdecker.
Also Parfüm, das den Schweißgeruch ausstechen soll. Auch hier liest sich die Liste der erlaubten Zutaten sehr unterschiedlich. In der Kosmetikindustrie wird mit chemisch-synthetischen Rezepturen gearbeitet, während Naturkosmetikhersteller auf pflanzliche Wirkstoff-Kombinationen setzen.
„Natürlich geht es dabei auch um gesundheitliche Aspekte – beispielsweise, wenn man an Langzeitfolgen oder Menschen mit Allergien denkt“, erläutert Cornelia Dressler. „Aber man sollte auch dem Herstellungsprozess Aufmerksamkeit schenken. Industriekosmetika sind in der Produktion ihrer Zutaten äußerst ressourcenintensiv. In Naturkosmetika werden, wann immer dies möglich ist, Inhaltsstoffe aus kontrolliert biologischem, also die Umwelt schonendem Anbau eingesetzt“.
Für einen duften Sommer …
gilt also in erster Linie: Schwitzen ist erlaubt!
Und da es sich um einen Teil des vegetativen, also unbewussten Nervensystems handelt, auch nicht zu verhindern. Wer Wert auf einen schönen Duft legt, Langzeitfolgen für Umwelt oder Gesundheit dabei jedoch vermeiden möchte, ist mit zertifizierter Naturkosmetik gut beraten.
Der Bundesverband Naturkost Naturwaren e.V.
vertritt die Unternehmen der Naturkost- und Naturwarenbranche. Der Verband verabschiedet besondere Qualitätsrichtlinien für den Naturkost-Fachhandel, die über die gesetzlichen Anforderungen für Bio-Produkte hinausgehen. Der Naturkost-Fachhandel erzielte 2014 in Deutschland einen Umsatz von 2,74 Milliarden Euro mit Bio-Lebensmitteln und Naturkosmetik.